Die Folgen des Klimawandels werden Baden-Württemberg in den kommenden Jahren überdurchschnittlich stark zu schaffen machen. Nach Einschätzung des LBBW Research in der aktuellen Studie „BW Quaterly“ setzen dem hochindustrialisierten Bundesland langfristige Veränderungen wie die Energie- und Verkehrswende sowie schadensreiche Naturkatastrophen gleich von zwei Seiten zu. „Die volkswirtschaftlichen Auswirkungen des Klimawandels sind eindeutig negativ“, sagt LBBW-Chefvolkswirt Moritz Kraemer.
Je nach Verlauf werden sich die durch den Klimawandel verursachten Kosten von heute an bis 2050 gegenüber den 2000 bis 2020 verzeichneten Schäden mindestens verdoppeln, im schlimmsten Fall sogar versechsfachen. Dann wären es deutschlandweit knapp eine Billion Euro. „Da Baden-Württemberg überdurchschnittlich von der Erwärmung betroffen sein dürfte, werden die Kosten hier vermutlich noch schneller steigen“, sagt Kraemer voraus.
Wie für die meisten Länder bringt der Klimawandel auch Deutschland keine Vorteile. „Die Belastung der Wirtschaft dürfte Baden-Württemberg überproportional treffen, da sich hier das Klima nach dem heutigen Stand der Wissenschaft besonders stark verändern wird“, urteilt der Chefvolkswirt. Wie stark und wie genau, weiß jedoch noch niemand vorherzusagen. Zum einen liegen für eine wirklich belastbare Prognose noch viel zu wenig Daten vor. Zum anderen wird die Klimaerwärmung alles andere als ruhig und gleichmäßig verlaufen. Für Deutschland sagt die größte europäische Ratingagentur Scope voraus, dass der Klima-wandel bis 2030 3 Prozent Wirtschaftswachstum jährlich kosten wird.
Zu den Herausforderungen der wirtschaftlichen Transformation zählt das LBBW Research das „Verbrenner-Aus“. Die Antriebswende mache immense Anstrengungen in der Automobilindustrie notwendig. Zugleich sorge der Wechsel zu erneuerbaren Energieträgern im Rahmen der Energiewende zunächst für steigende Rechnungen. Außerhalb der Industrie leidet die Land- und Forstwirtschaft darunter, dass ihre Betriebsrisiken durch niedrigere Erträge und Kosten der Anpassung an den Klimawandel steigen.
Wetterextreme bedrohen nicht nur die Industrie
Spektakulärere Bedrohungen der Wirtschaft durch die Klimawende sind natürlich Extremwetterlagen wie Starkregen. Solche Naturkatastrophen können den Straßen- und Schienenverkehr, aber auch Flughäfen temporär lahmlegen, wie sich im August in Stuttgart und Frankfurt erst wieder zeigte. Dem gegenüber ist die Schifffahrt auf Rhein und Neckar bei Trockenperioden durch Niedrigwasserstände bedroht. Lieferverzögerungen und höhere Kosten des Warentransports sind die Folge.
Niedrigwasserstände können aber auch die Produktion von Atomenergie in Frankreich beeinträchtigen, was wiederum die französischen Energieexporte nach Baden-Württemberg belasten würde. In der Folge ist mit steigenden Elektrizitätspreisen zu rechnen. Sich häufende Extremwetterereignisse im Ausland können darüber hinaus immer wieder die die internationalen Lieferketten belasten. Das trifft zwar andere Bundesländer ebenso, aber kein Flächenland ist derart vom grenzüberschreitenden Handel abhängig wie Baden-Württemberg.
Obwohl der Klimawandel für die Wirtschaft Baden-Württembergs alles in allem eine Belastung darstellt, kann er für einzelne Unternehmen auch eine große Chance sein. „Die Nachfrage nach Klimaanpassungstechnologien steigt. Hier kann sich die Südwest-Industrie als Anbieter technischer Lösungen neuer, klimabezogener Probleme positionieren“, erklärt Moritz Kraemer.
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Tobias Schwerdtfeger