30.07.2019

LBBW Research: Unternehmen werden die Klimaziele verfehlen

Presseinformation

Die deutsche Industrie müsste nach einer Studie der LBBW ihre Anstrengungen beim Umweltschutz mindestens verdoppeln, wenn sie ihre Reduktionsziele beim umweltschädlichen Kohlendioxid (CO2) noch erreichen will. Die zögerliche Senkung des CO2-Ausstoßes gefährdet nach Ansicht der Experten außerdem nicht nur die Bewertung der Unternehmen am Kapitalmarkt. Zugleich lassen die Unternehmen Chancen ungenutzt, die sich auf dem stetig wachsenden Markt für Umweltschutzprodukte ergeben.

Die Klimapolitik der Bundesregierung hat erhebliche Auswirkungen auf die Industrieunternehmen, deren Produktionsmethoden und Produktportfolien. Gesetzliche Regelungen, wie zum Beispiel verbrauchsabhängige Steuern, aber auch das Kundenverhalten werden nach Ansicht von LBBW-Analyst Volker Stoll das Wirtschaftsleben in naher Zukunft ungewohnt dynamisch verändern. Prinzipiell gibt es seiner Einschätzung nach aber genügend technische Möglichkeiten zur Emissionssenkung ohne wesentliche Einschränkung des heutigen Alltags. Nicht zuletzt steht die Energieinfrastruktur vor einem weitgehenden Umbau. Beim Blick auf die Chancen und Risiken von Umweltsteuern kommt Stoll zu dem Schluss, dass die CO2- Emissionen die Kosten- und Absatzentwicklung der Unternehmen in Zukunft maßgeblich prägen werden.

Industrie müsste Ausstoß jährlich um 2,6 Prozent reduzieren

Für den Analysten ist es deshalb umso bedauerlicher, dass viele Unternehmen noch immer die steigende Geschwindigkeit des Technologiewechsels unterschätzen und das bisherige Tempo des technischen Fortschritts voraussetzen. „Die deutsche Industrie braucht etwa doppelt so hohe Investitionen in Energiespartechniken, um 2030 das selbst gesteckte Ziel von 140 Millionen Tonnen CO2-Ausstoß zu erreichen“, urteilt Stoll. „Gute Betriebe leisten aktuell eine CO2- Reduktion um jährlich 1,7 Prozent, das ist eindeutig zu niedrig. Um das Ziel zu erreichen, wären aber branchenweit 2,6 Prozent notwendig.“ Zwischen 2014 und 2017 waren die Emissionen der deutschen Industrie sogar gestiegen.

Die bislang angekündigten Maßnahmen zur Begrenzung der CO2- Emissionen reichen für Stoll nicht einmal annähernd aus, eine nachhaltige Welt zu erreichen. Zwar stehen bereits einige technische Lösungen bereit, werden jedoch kaum eingesetzt. Besonders die Dekarbonisierung von Schiffs- und Flugtechnik sei aufwändig und teuer, urteilt der Analyst. Dazu gehört die Speicherung großer Energiemengen als Brenngas oder flüssiger Kraftstoff durch die Powerto- Gas- oder Power-to-Liquid-Methoden. Erst mit neuen Gesetzen und Verordnungen, die den Einsatz erzwingen, dürften diese Technologien Marktanteile hinzugewinnen.

Globale Vorgaben wären für deutsche Unternehmen dabei von besonderem Vorteil, sagt Stoll voraus. Nicht nur, weil die Konkurrenz dann genauso umweltschonend produzieren müsste. Der deutsche Mittelstand konzentriere sich besonders auf den europäischen Markt und damit die europäischen Regelwerke. „Es steigt die Gefahr, zu teure CO2-effiziente Produkte anzubieten, die am Ende nur in Europa abgesetzt werden“, befürchtet Volker Stoll unter Hinweis auf die Situation in Asien. Statt hocheffiziente Gasturbinen westlicher Anbieter einzusetzen, würden dort hunderte wenig energieeffiziente und zudem CO2-intensive Kohlekraftwerke gebaut.

Hersteller von Produkten für die Nutzung fossiler Brennstoffe müssen zugleich umdenken. Stoll zählt dazu die Kohlekraftwerkstechnik ebenso wie die Muldenkipper zur Kohleförderung. Zu den Gewinnern rechnet der Experte hingegen die Anbieter effizienter Antriebe, Steuerungstechnik oder Wärmepumpen. Vor allem zählt er dazu die Anlagenbauer im Bereich der erneuerbaren Kraftstoffproduktion, wodurch auch die Energiespeicherung verbessert wird.

Die vollständige Studie finden Sie hier: www.lbbw.de/co2-regulatorik