01.08.2019

Alles, was Sie über Green Fi­nan­ce wis­sen müs­sen

Grüne Fi­nan­zie­run­gen lie­gen im Trend. Aber sind sie über­haupt sinn­voll? Viel öfter als ver­mu­tet.

Mann vor begrünter Wand schaut aus dem Fenster
Mann vor begrünter Wand schaut aus dem Fenster

Alle Welt redet von „Green Fi­nan­ce“. Bevor Un­ter­neh­men und an­de­re Fremd­ka­pi­tal­neh­mer mit­re­den, stellt sich eine grund­sätz­li­che Frage: Warum soll­ten wir auf grüne Fi­nan­zie­rungs­for­men set­zen? Dafür gibt es ver­schie­de­ne Grün­de. Wer Green Fi­nan­ce für sich nutzt, spricht neue In­ves­to­ren­krei­se an und er­wei­tert da­durch die Fi­nan­zie­rungs­ba­sis – und an „Green In­ves­ting“-​Anlegern man­gelt es wahr­lich nicht. Ge­ra­de in­sti­tu­tio­nel­le An­le­ger wie Pen­si­ons­kas­sen, Kom­mu­nen, Län­der oder Stif­tun­gen wol­len lie­ber dort in­ves­tie­ren, wo die­ses In­vest­ment auch öko­lo­gi­sche oder sogar so­zia­le Ren­di­te er­wirt­schaf­tet. Und auch Pri­vat­per­so­nen in­ter­es­sie­ren sich zu­neh­mend für nach­hal­ti­ge In­vest­ments.

Ein wei­te­rer Grund ist der Image-​Effekt: Wer sich auf grüne Fi­nan­zie­run­gen ein­lässt, pro­fi­tiert von einer Mar­ken­auf­wer­tung: Wir ge­hö­ren zu den Guten! Da der Markt für grüne Fi­nan­zie­run­gen in Deutsch­land ver­gleichs­wei­se jung ist, ist die me­dia­le Auf­merk­sam­keit ak­tu­ell hoch. Da­durch kann sich ein Un­ter­neh­men als nach­hal­ti­ger Ak­teur po­si­tio­nie­ren. Der Re­pu­ta­ti­ons­ge­winn wirkt sich po­si­tiv auf Ka­pi­tal­ge­ber und die At­trak­ti­vi­tät für Kun­den und (po­ten­zi­el­le) Mit­ar­bei­ter aus. Ge­ra­de junge Fach­kräf­te schau­en genau hin, bei wem sie an­heu­ern – da kann glaub­wür­di­ges nach­hal­ti­ges En­ga­ge­ment den Aus­schlag geben.

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Wie grün ist grün?

Der­zeit gibt es noch kei­nen recht­lich ver­bind­li­chen Kri­te­ri­en­ka­ta­log, der auf­lis­tet, was not­wen­dig ist für eine wirk­lich grüne Fi­nan­zie­rung. Daher ori­en­tie­ren sich die meis­ten Ka­pi­tal­ge­ber und -​nehmer an einer frei­wil­li­gen Richt­li­nie, den Green-​Bond-Principles der In­ter­na­tio­nal Ca­pi­tal Mar­ket As­so­cia­ti­on (ICMA) . Sie ver­su­chen Stan­dards zu eta­blie­ren: Wie wer­den die Er­lö­se ver­wen­det? Wie sieht es mit dem Re­por­ting aus? Zu den Stan­dards zählt auch, eine un­ab­hän­gi­ge Agen­tur das Vor­ha­ben prü­fen zu las­sen, bevor es als „grün“ aus­ge­flaggt wer­den darf. Zu die­sen Agen­tu­ren zäh­len etwa ISS-​oekom, Ci­ce­ro, Vigeo Eiris oder Sus­taina­ly­tics. Sie zer­ti­fi­zie­ren die Pro­jek­te als „nach­hal­tig“ und be­stä­ti­gen damit, dass die In­ves­ti­tio­nen tat­säch­lich der Um­welt zu­gu­te­kom­men.

Green-Bond-Markt auf Wachstumskurs

Emissionsvolumen in Mrd. Euro

Quelle: Climate Bond Initiative, LBBW Research

An­ge­lehnt an die Green-​Bond-Principles für An­lei­hen und Schuld­schei­ne gibt es die Green-​Loan-Principles für Kre­di­te, als Rah­men­werk her­aus­ge­ge­ben von der Loan Mar­ket As­so­cia­ti­on . Auch wenn es frei­wil­lig ist, soll­ten sich Un­ter­neh­men und an­de­re Emit­ten­ten an diese Stan­dards für die Emis­si­on von Green Bonds be­zie­hungs­wei­se bei Green Loans hal­ten. Die Richt­li­ni­en ge­währ­leis­ten die In­te­gri­tät und Trans­pa­renz grü­ner Pro­duk­te, re­geln den Aus­wahl­pro­zess für ein Pro­jekt, die Of­fen­le­gung und das Steu­ern der Mit­tel­ver­wen­dung sowie die An­for­de­run­gen an das Be­richts­we­sen. Wer diese Stan­dards ein­hält, er­scheint auf dem Radar grü­ner In­ves­to­ren.

Was lässt sich „grün“ fi­nan­zie­ren?

Grund­sätz­lich gilt: Je stär­ker der Wirt­schafts­pro­zess und die Wirt­schafts­struk­tu­ren durch die Ver­wen­dung der fi­nan­zi­el­len Mit­tel hin zu einer kli­ma­neu­tra­len und um­welt­freund­li­chen Öko­no­mie ver­än­dert wer­den, desto „grü­ner“ sind die Fi­nan­zie­run­gen. Im en­ge­ren Sinn sind In­ves­ti­tio­nen ge­meint, die Er­neu­er­ba­re En­er­gien vor­an­brin­gen und damit Res­sour­cen scho­nen. Im wei­te­ren Sinne gel­ten auch Vor­ha­ben als grün, die ne­ga­ti­ve Fol­gen des Kli­ma­wan­dels lin­dern. Dazu zäh­len etwa der ef­fi­zi­en­te­re Ein­satz von En­er­gie, sau­be­rer Trans­port, Wasser-​ und Ab­fall­ma­nage­ment. Viele Un­ter­neh­men agie­ren schon heute nach­hal­ti­ger und „grü­ner“ als ihnen be­wusst ist. „Kein Un­ter­neh­men kommt mehr daran vor­bei, sich mit nach­hal­ti­gen be­zie­hungs­wei­se grü­nen Fi­nan­zie­run­gen zu be­schäf­ti­gen – eine wich­ti­ge Ent­wick­lung. Wer sich jetzt schon damit ver­tieft be­schäf­tigt, hat spä­ter einen ent­schei­den­den Vor­teil“, sagt LBBW-​Advisory-Experte Mar­tin Amann.

Wie lässt sich „grün“ fi­nan­zie­ren?

Der Markt für grüne Fi­nan­zie­run­gen wächst seit Jah­ren. Kre­di­te , An­lei­hen und Schuld­schein­dar­le­hen gibt es auch in grün. 2013 wur­den welt­weit Green Bonds mit einem Vo­lu­men von 11 Mil­li­ar­den Euro emit­tiert, 2020 waren es be­reits 224 Mil­li­ar­den Euro.

Für groß­vo­lu­mi­ge Fi­nan­zie­run­gen ste­hen immer mehr Pro­duk­te zur Aus­wahl, die die In­no­va­ti­ons­fä­hig­keit der Ban­ken ein­drück­lich unter Be­weis stel­len. Dazu zäh­len neben

Lohnt sich „grün“ über­haupt?

Bei grü­nen Fi­nan­zie­run­gen ent­ste­hen zu­sätz­li­che Kos­ten durch die er­höh­ten An­for­de­run­gen an Trans­pa­renz und Re­por­ting. Es muss nach­ge­wie­sen wer­den, dass die Mit­tel tat­säch­lich einen po­si­ti­ven Bei­trag zum Klima-​ und Um­welt­schutz leis­ten. Das er­for­dert in der Regel eine un­ab­hän­gi­ge Agen­tur, die das Pro­jekt prüft und zer­ti­fi­ziert.

Diese Kos­ten sor­gen dafür, dass viele Un­ter­neh­men zwi­schen „theo­re­tisch ja“ und „prak­tisch nein“ schwan­ken. Eine Um­fra­ge der Fach­zeit­schrift „Der Tre­a­su­rer“ ergab, dass 58 Pro­zent der be­frag­ten Fi­nanz­ver­ant­wort­li­chen grund­sätz­lich an Green Fi­nan­ce in­ter­es­siert sind, aber nur zwei Pro­zent kon­kret tätig ge­wor­den sind.

Das „Gree­ni­um“ ein­strei­chen

Dabei kön­nen sich grüne Fi­nan­zie­run­gen für Un­ter­neh­men auch be­triebs­wirt­schaft­lich rech­nen. Un­be­strit­ten sind die Image­ef­fek­te und das zu­sätz­li­che Maß an fi­nan­zi­el­ler Si­cher­heit durch eine brei­te­re In­ves­to­ren­ba­sis. Das kann vor allem bei nach­las­sen­der Kon­junk­tur ein schla­gen­des Ar­gu­ment wer­den. We­ni­ger leicht zu be­ant­wor­ten ist die Frage nach den Zins­vor­tei­len.

LBBW-​Analyst Mar­tin Dresp schließt nicht aus, dass In­ves­to­ren bei einem über­zeu­gen­den grü­nen Pro­fil eine etwas nied­ri­ge­re Ren­di­te in Kauf neh­men. „Da­durch könn­ten Emit­ten­ten einen zu­sätz­li­chen An­reiz zur Emis­si­on von Green Bonds statt her­kömm­li­cher An­lei­hen be­kom­men“, schreibt er in der LBBW-​Studie „Grüne Fi­nan­zie­run­gen auf dem Vor­marsch“. Dafür gibt es be­reits erste Bei­spie­le. So hat Schwe­dens größ­ter Wald­be­sit­zer Sveas­kog, der sich für eine nach­hal­ti­ge Forst­wirt­schaft ein­setzt, 2016 einen Green Bond emit­tiert und es ge­schafft, einen Fi­nan­zie­rungs­vor­teil von acht Ba­sis­punk­ten zu er­zie­len. Die­ser Vor­teil durch grüne Fi­nan­zie­rungs­in­stru­men­te wird „Gree­ni­um“ ge­nannt.

Die­ses Gree­ni­um könn­te durch neue po­li­ti­sche Ak­ti­vi­tä­ten noch re­le­van­ter wer­den: Der im März 2018 vor­ge­leg­te Ak­ti­ons­plan der EU-​Kommission setzt sich zum Ziel, ver­stärkt Ka­pi­tal­flüs­se in nach­hal­ti­ge In­ves­ti­tio­nen zu len­ken. Die Eu­ro­päi­sche Union (EU) will dazu unter an­de­rem einen Kri­te­ri­en­ka­ta­log für Green Fi­nan­ce ein­füh­ren. Der­zeit wird dar­über dis­ku­tiert, wel­che wei­te­ren An­rei­ze man in der Eu­ro­päi­schen Union für Green Fi­nan­ce schaf­fen kann. Dar­aus könn­te ein mehr oder we­ni­ger sanf­ter Druck hin zu grü­nen Fi­nan­zie­run­gen ent­ste­hen. Un­ter­neh­men und auch an­de­re Bond­e­mit­ten­ten, die sich be­reits jetzt mit dem Thema be­schäf­ti­gen, hät­ten dann einen Vor­sprung. Zumal sich die EU für mög­li­che ver­bind­li­che Re­geln sehr stark an den be­reits eta­blier­ten Green-​Bond-Principles ori­en­tiert.

Un­ab­hän­gig davon bie­tet Green Fi­nan­ce für Un­ter­neh­men die Chan­ce, den ak­tu­el­len Trend zu nach­hal­ti­gem Agie­ren zum ei­ge­nen Vor­teil zu nut­zen. Die Bei­spie­le der Elek­tro­mo­bi­li­tät oder der En­er­gie­wen­de im Ver­sor­ger­sek­tor zei­gen ein­drück­lich, wie der Nach­hal­tig­keits­ge­dan­ke di­ver­se Bran­chen schnell und mit Wirk­macht er­fas­sen kann. „Der Kli­ma­wan­del und ein stei­gen­der Res­sour­cen­ver­brauch wer­den mit­tel­fris­tig zu ver­än­der­ten Ge­schäfts­mo­del­len und Un­ter­neh­mens­stra­te­gien füh­ren“, sagt LBBW-​Analyst Dresp. „Green Fi­nan­ce kann dabei hel­fen, einen Pro­zess des Um­den­kens an­zu­sto­ßen, der oh­ne­hin in nä­he­rer Zu­kunft be­gon­nen wer­den müss­te.“

Die ge­sam­te Stu­die fin­den Sie hier:

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Mar­tin Amann

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