12.12.2024
Baden-Württemberg 2025 in der Rezession
BW Quarterly - Ausgabe Q4/2024
In aller Kürze:
Baden-Württemberg schneidet im Bundesländervergleich gemäß der aktuellen Einschätzung des LBBW Research bei den Konjunkturprognosen für 2025 unterdurchschnittlich ab und belegt mit einer Veränderungsrate für das reale BIP von minus 0,7 % den letzten Platz. 2026 erwarten wir eine Wachstumsrate des realen BIP von lediglich 0,5%.
Der L-Bank-ifo-Geschäftsklimaindex, ein Frühindikator für die konjunkturelle Entwicklung, verzeichnet aktuell eine erneute Stimmungsverschlechterung bei den Unternehmen und Verbrauchern im Land. Die Wirtschaftsleistung dürfte in den kommenden Monaten ihren Rückgang fortsetzen.
Der LBBW-Aktienindex aller börsennotierten Unternehmen aus Baden-Württemberg gibt Auskunft über Einschätzungen der Finanzmärkte zu diesen Unternehmen. Trotz Schwäche der Automobilwerte schlägt der BWAX den deutschen Leitindex auch 2024 deutlich.
Thema des Quartals: Baden-Württemberg ist das führende Exportland Deutschlands. Daher wird das Bundesland vom Trumpschen Protektionismus besonders betroffen sein. Die Deglobalisierungstendenzen der Weltwirtschaft sind damit neben der demographischen Alterung das Hauptrisiko für den Standort Baden-Württemberg.
Nachhaltigkeit: Der Stellenabbau in der Automobilbranche ist derzeit allgegenwärtig. Über 100.000 Stellen könnten bis 2040 in Baden-Württemberg wegfallen. Dem entgegen wirkt die Demografie, doch das alleine genügt nicht. Die Zukunft der Hersteller und Zulieferer ist elektrisch und digital. Beschäftigte müssen neue Fertigkeiten erlernen und Unternehmen bestehende Geschäftsmodelle überdenken.
Konjunkturelle Lage in Baden-Württemberg
Baden-Württemberg 2025 in Rezession
Die Stimmung unter den baden-württembergischen Unternehmen hat sich auch im November weiter eingetrübt. Zum einen beurteilten die Unternehmen ihre aktuelle Geschäftslage häufiger negativ, zum anderen nahm der Pessimismus bei der Einschätzung der weiteren Geschäftsentwicklung wieder zu. Das geht aus dem monatlichen L-Bank-ifo-Konjunkturtest hervor, mit dem die L-Bank das Geschäftsklima für die Gesamtwirtschaft Baden-Württembergs misst. Die befragten Unternehmen beurteilen ihre aktuelle Lage erheblich schlechter als noch im Berichtsmonat Oktober. Auch die Erwartungen für die kommenden Monate fallen düster aus, sodass ein nennenswerter Konjunkturaufschwung nicht zu erwarten ist. Die Exporterwartungen der befragten Unternehmen sind sehr pessimistisch. Besonders alarmierend ist die Entwicklung in der Automobilbranche, wo der Pessimismus mit derzeit so groß ist wie zuletzt während der Finanzkrise Ende 2008. Dies könnte neben der generell schwierigen Lage der Automobilindustrie unter anderem auf die kürzlich beschlossenen Zusatzzölle der EU auf Elektroautos aus China zurückzuführen sein.
Abb. 1: L-Bank-ifo-Geschäftsklimaindex Baden-Württemberg
Der L-Bank-ifo-Geschäftsklimaindex Baden-Württemberg wird monatlich auf Basis der Zahlen des ifo-Konjunkturtests und des GfK-Konjunkturklimas erstellt und umfasst damit sowohl die Stimmung der Unternehmen als auch er Verbraucher.
Im Verarbeitenden Gewerbe verschlechterte sich das Geschäftsklima im November erneut. Die Unternehmen blicken skeptischer auf ihre erwartete Geschäftsentwicklung der kommenden sechs Monate. Die Lage im Maschinenbau bleibt ungünstig. Die Lage im Automotive-Sektor verschlechterte sich ebenfalls erneut. Im Bauhauptgewerbe trübten sich die Erwartungen für die kommenden Monate erneut ein. Die Einschränkungen der Bautätigkeit nahmen im November abermals zu, nun waren 61,6% der Firmen betroffen (58,7% zuletzt). Auftragsmangel blieb dabei weiterhin das meistgenannte Problem.
Unsere Einschätzung für die Wirtschaftsleistung des Landes 2024 fällt vor diesem negativen Hintergrund weiter sehr nüchtern aus. Das LBBW Research prognostiziert eine Veränderungsrate des realen BIP von minus 0,2 %. Damit zählt Baden-Württemberg 2024 zur Schlussgruppe unter den zwölf betrachteten Bundesländern. Der Südwesten präsentiert sich damit aktuell dem vertrauten Muster gemäß: wie Deutschland, nur etwas heftiger, im Moment nach unten. Das lag in der Vergangenheit vor allem am hohen Anteil von Industrie und Exportwirtschaft. Für Deutschland insgesamt gehen wir von einem Nullwachstum für das Jahr 2024 aus.
Baden-Württemberg befindet sich aktuell in einer Rezession. Im dritten Quartal 2024 schrumpfte die Wirtschaft nach Schätzung des ifo-Instituts um 0,4°%. Das relativ schwache Abschneiden im Bundesländervergleich ist der Vielzahl an Hemmnissen geschuldet, unter denen insbesondere das Bundesland Baden-Württemberg leidet, weil die Industrie hier eine besonders große Rolle spielt: Die schlechte wirtschaftliche Entwicklung im wichtigen Exportland China, die schwierige grüne Transformation in der Automobilindustrie, sowie die hohen Strompreise.
Abb. 2: LBBW-Konjunkturprognosen im Bundesländervergleich
Wir mussten unsere Prognosen nach unten revidieren. Die Konjunkturprognose des LBBW Research für Baden-Württemberg fällt für das kommende Jahr mit einer Veränderungsrate für das reale BIP von -0,7 % nun noch wesentlich schlechter aus als für Gesamtdeutschland (-0,2 %). 2026 sollte dann zwar wieder ein positives Wachstum im Einklang mit der gesamtdeutschen Wachstumsrate (0,5°%) geben. Die Einschätzung bleibt aber mit erheblichen Unsicherheiten behaftet – zum einen aufgrund des negativen Momentums in der Volkswirtschaft Deutschlands mit ihren erheblichen Strukturproblemen; zum anderen aufgrund der Deglobalisierungstendenzen in der Weltwirtschaft. Baden-Württemberg ist als wichtigstes Exportland Deutschlands hiervon stark betroffen. Die Risiken für unsere Prognose für 2026 liegen auf der unteren Seite.
Mehr über die Wirtschaft in Deutschland, den Aktienindex Baden-Württemberg und das Thema des Quartals erfahren Sie im aktuellen BW Quarterly - Ausgabe Q4/2024.