Deutschland holt in Sachen schnelles Internet auf: Mehr als 60 Prozent der Haushalte haben mittlerweile einen Gigabit-fähigen Anschluss, so lautet ein Ergebnis der LBBW-Studie „Telekommunikation & Technologie“. Zudem schafft die Bundesregierung mit dem Telekommunikationsmodernisierungsgesetz (TKG) und dem IT-Sicherheitsgesetz die Bedingungen für weitere Infrastrukturinvestitionen.
Während der Corona-Pandemie haben Nutzer vor allem Breitbandanschlüsse mit hohen Übertragungsraten nachgefragt. Mehr als 55.000 Kilometer Glasfasertrassen sind zwischen Januar 2020 und Ende März 2021 hinzugekommen – so die Zahlen aus der aktuellen Studie des LBBW Research-Teams um Bettina Deuscher und Mirko Maier. Seit 2015 haben die Telekommunikationsunternehmen 2,7 Millionen neue Glasfaseranschlüsse in Deutschland verlegt. Das bedeutet den dritten Platz unter den Glasfaser-Wachstumsmärkten in Europa. Damit sind derzeit 29,3 Millionen Gigabitfähige Breitbandanschlüsse (Glasfaser und Koaxialkabel) verlegt, 10,9 Millionen dieser Anschlüsse sind aktiviert.
Datenübertragung steigt rapide
Zugleich steigt das per Breitbandanschluss übertragene Datenvolumen exponentiell. Im Jahr 2011 haben die Deutschen gerade einmal 6 Milliarden Gigabyte übertragen, 2020 waren es bereits 76 Milliarden Gigabyte. Von 2019 bis 2020 ist das Datenvolumen in nur einem Jahr um 50 Prozent gestiegen. Für das Jahr 2021 erwartet das LBBW Research eine weitere Zunahme auf 110 Milliarden Gigabyte. Jeder Nutzer überträgt dann voraussichtlich 235 Gigabyte im Monat – 2020 waren es noch 175 Gigabyte pro Kopf und Monat. Bei den rasant zunehmenden Datenmengen und immer mehr Anwendern macht sich auch der Umweltvorteil der neuen Technologie bemerkbar: Die Glasfaser-Technik ist beim Strombedarf rund sechs Mal effizienter als Kupferdoppellader-Netze.
TKG und IT-Sicherheitsgesetz 2.0 schaffen Voraussetzungen für Investitionen
Mit zwei Gesetzesnovellen hat der Gesetzgeber jüngst die rechtlichen Bedingungen für weitere Infrastrukturinvestitionen in der Telekommunikationsbranche geschaffen. Die im April 2021 verabschiedete TKG-Novelle setzt in Deutschland den EU-Kodex für die elektronische Kommunikation (EU-Richtlinie 2018/1972) um. „Damit ist erstmalig das Recht auf ein ,schnelles Internet‘ gesetzlich geregelt und Glasfaser als Medium der Zukunft im Gesetz verankert“, sagt Bettina Deuscher vom LBBW Research. „Wichtig ist jetzt vor allem, dass die neuen Regulierungsvorgaben Sicherheit und Planbarkeit für die Infrastrukturinvestitionen bieten. Ein bewusster Verzicht auf weitere Regulierungen kann den Gigabit-Netzausbau fördern." Gleichzeitig wurden in dem im April und Mai von Bundestag und Bundesrat verabschiedeten IT-Sicherheitsgesetz 2.0 neue Mindestanforderungen an Netzwerkbetreiber und Meldepflichten geregelt. Das war erforderlich, weil die Netzwerkstrukturen des neuen Mobilfunkstandard 5G komplexer sind als bei 4G.
Telekom ist ein Motor des Glasfaserausbaus
Bisher hatte die Deutsche Telekom im Zuge des Breitbandausbaus die Kupferdoppeladerkabel mit Glasfaserleitungen bis zu den Verteilerkästen ausgetauscht (FTTC, Fiber-To-The-Curb). Allerdings begrenzten auf den letzten Metern Kupferdoppeladerkabel bis zu den Häusern oder den Wohnungen den Datenfluss auf 250 Megabit/s. Jetzt treibt die Deutsche Telekom den Glasfaserausbau in diesem Teilstück voran. Dafür verlegt sie Glasfaser-Breitbandanschlüsse bis in die Häuser (FTTB, Fiber-To-The-Building) oder Wohnungen (FTTH, Fiber-To-The-Home) und ermöglicht damit Gigabit-Breitbandanschlüsse von 1GBit/s. Bis 2024 sollen aus den bisher 2,3 Millionen Anschlüssen 10 Millionen werden. Bis 2024 möchte die Telekom zudem die Zahl der jährlichen Neuanschlüsse auf 2,5 Millionen steigern.
„Der Strategieschwenk der Telekom ist richtig, weil er konsequent auf die Zukunftstechnologie Glasfaser setzt“, sagt Bettina Deuscher vom LBBW Research. Zugleich verstärkt er den Wettbewerb, und das beschleunigt den Netzausbau insgesamt. Denn auch andere große Anbieter wie Telefónica Deutschland oder Vodafone Deutschland treiben den Ausbau ihrer Gigabit-Netze voran. „Man muss sich vorstellen, dass kein Unternehmen bundesweit alleine ein Gigabit-Netz aus einer Hand aufbauen kann. Daher spielen regionale Versorgungsunternehmen weiterhin eine bedeutende Rolle auf dem Glasfasermarkt“, fügt Deuscher hinzu. Stadtwerke verfügen bereits über eine passive Infrastruktur und das Interesse ist da, ihren Geschäftsbetrieb im Wachstumsfeld