06.03.2023
Kann Künstliche Intelligenz die Blockchain retten?
Blockchain und Künstlicher Intelligenz gehören die Zukunft. Miteinander verbunden, wird daraus eine Power-Technologie. Denn am besten arbeiten sie Hand in Hand.
Wer sein Geld in Bitcoins angelegt hatte, für den war 2022 ein Horrorjahr. Der Kryptosektor verlor etwa so viel Geld, wie alle 40 Dax-Unternehmen zusammen an der Börse wert sind – rund 1,4 Billionen Dollar. Seitdem steht die Frage im Raum: Haben Kryptowährungen und die dahinterliegende Blockchain-Technologie angesichts des Desasters noch eine Zukunft oder ist die schöne neue Welt nur ein „Betrug epischen Ausmaßes“? Das jedenfalls wirft die Staatsanwaltschaft New York in einem jüngst begonnenen Verfahren Sam Bankman-Fried vor. Bankman-Fried ist Gründer der kollabierten Kryptobörse FTX, bis zu ihrem unrühmlichen Ende die drittgrößte Börse für Bitcoin und Co.
Klar ist: Das Kryptocasino hat immensen Reichtum aufgefressen. Seit März 2022 haben allein die 17 reichsten Kryptoinvestoren und -unternehmer zusammengerechnet 116 Milliarden Dollar verloren, schätzt das US-Magazin „Forbes“.
Klar ist auch: Viele Kleinanleger bangen um ihr Geld. Hunderttausenden Kunden droht der Totalverlust – und die Branche kämpft nun um das Vertrauen der Anleger. Mehr noch: Es geht schlicht um die Zukunft der Kryptos.
Gibt es die Blockchain auch ohne Skandale?
Noch offen dagegen ist die Frage, wie eine Zukunft der Blockchain-Technologie ohne Skandale aussehen kann. Für viele sind Künstliche Intelligenz (KI) und Blockchain erstens ein Buch mit sieben Siegeln und zweitens Begriffe aus düsteren Science-Fiction-Filmen. Doch genau bei diesen beiden Vorurteilen liegt die visionäre Chance eines potenziellen Technologiepaares.
Unter KI wird – vereinfacht gesprochen – die Simulation menschlicher Intelligenz durch Maschinen verstanden. Die Algorithmen werden so programmiert, dass sie die Denk- und Handlungsweise eines Menschen nachahmen und sich dadurch selbst permanent optimieren können. Streng genommen senkt Künstliche Intelligenz die Kosten von Prognosen. Gutes Beispiel dafür ist Google Maps. Was ist die schnellste, was ist die sparsamste Strecke? Der Fahrer bekommt Alternativen. Entscheiden kann und muss er selbst.
Der Begriff „Blockchain“ stammt aus dem Englischen und bedeutet übersetzt „Blockkette“. Die „Blöcke“ stehen dabei für einzelne Datenordner, die hintereinander abgespeichert werden, wodurch eine Datenordnerkette entsteht. Vom Prinzip her ist die Blockchain also erst einmal nichts anderes als eine große Datenbank, die mit einem Ursprungsblock startet, an den immer neue Datenblöcke chronologisch angehängt werden, nachdem sie überprüft und bestätigt wurden. Das Besondere an der Datenbank der Blockchain ist, dass es sich um eine dezentral verteilte Datenbank handelt, die sich automatisch selbst organisiert. Manipulationen sind aufgrund der Selbstorganisation vieler Rechner so gut wie ausgeschlossen.
Wie KI die Aktienmärkte aufmischen könnte
Der Crash der Kryptobörsen verpasst der Blockchain-Technologie ein Image von Manipulation und Spekulation. „Trotz aller Skandale trägt der Kryptosektor doch ein hohes innovatives Potenzial in sich“, schreibt Dr. Guido Zimmermann von LBBW Research in einer aktuellen Studie. Inzwischen gibt es einige Denkansätze, wie mithilfe von KI dem bunten Treiben am Kryptowährungsmarkt ein Ende bereitet werden könnte.
Trotz aller Skandale trägt der Kryptosektor doch ein hohes innovatives Potenzial in sich.
Denkbar, dass eines baldigen Tages KI den Saal an den Börsen übernimmt. Schon jetzt sind die Wertpapierhändler einer nicht mehr überschaubaren Flut an Information ausgesetzt. KI könnte das lang ersehnte Rettungsboot in der Datenflut sein. Anhand der gespeicherten und verarbeiteten Daten stellen KI-Systeme verschiedene Analysen an und können selbstständig Tradingstrategien entwickeln. So kann KI mithilfe der Daten verstehen, wann ein Kauf oder Verkauf sinnvoll ist und wie hoch die Position sein sollte. Im Unterschied zu automatisierten Strategien, wo der Händler eine Handelsempfehlung erhält und dann selbst entscheidet, wird der KI-Anwendung ein Rahmen gesetzt, in dem sie lernt. Künstliche Intelligenz entscheidet dann am Ende selbstständig, die gelernten Strategien umzusetzen. Menschen braucht es dafür nicht mehr.
KI poliert das Image der Blockchain auf
Zumindest denkbar wäre auch eine KI-Anwendung bei den Kryptowährungen, die auf dem Proof-of-Work-Verfahren basieren, wie zum Beispiel beim Bitcoin. Dabei wird eine große Menge Energie benötigt, um das Netzwerk am Laufen zu halten und um neue Bitcoins herstellen zu können (sogenanntes Mining). Eine KI könnte den Krypto-Minern helfen, den grundsätzlichen Energieverbrauch permanent zu optimieren und dadurch die Effizienz zu steigern.
Umgekehrt kann die Blockchain-Technologie auch KI unterstützen. Fake News, Fake Faces und Fake Identities werden durch neuere Anwendungen wie ChatGPT laut LBBW Research „endemisch“ werden. Blockchain-Methoden, die sicherstellen, dass Daten kryptografisch als wahrhaftig signiert werden, bevor sie in KI-Systeme eingespeist werden, würden das verhindern.
Beiden Technologiepfaden gehört die Zukunft. „KI bietet bislang mehr praktische Anwendungsfälle als Blockchain und Krypto“, konstatiert Zimmermann und wagt einen Blick nach vorn: „KI wird das Internet der Zukunft – also der Mix aus dem Blockchain-basierten Web3, dem Metaversum der Konsumenten und dem Internet of Things der Industrie 4.0 – maßgeblich bestimmen.“ KI und Blockchain seien keine Wettbewerber: „Es sind Technologien, die komplementär agieren.“