25.07.2024
In 10 Schritten ein Nachhaltigkeitsmanagement aufbauen
15.000 deutsche Unternehmen müssen Nachhaltigkeitsberichte nach CSRD-Vorgaben erstellen. Dafür brauchen sie ein funktionierendes Nachhaltigkeitsmanagement.
Viele Unternehmen sehen Nachhaltigkeit nicht als strategisches Thema. „Das lässt sich aber ändern“, sagt Sarah Krüger. Ebenso wie ihre Kolleginnen und Kollegen im Sustainability-Advisory-Team der LBBW spricht sie derzeit mit Mittelständlern, die Nachhaltigkeitsberichte künftig nach Vorgaben der Europäischen Union erstellen müssen. „In der gemeinsamen Arbeit entstehen individuelle Zielsetzungen“, sagt Krüger, „die das Unternehmen voranbringen und gleichzeitig die CSRD-Vorgaben erfüllen.“ Das Kürzel steht für Corporate Sustainability Reporting Directive. Nach den CSRD-Vorgaben müssen in Deutschland demnächst rund 15.000 Unternehmen ihre Nachhaltigkeitsberichte verfassen. Unternehmen müssen mitziehen, so will es die EU, wenn sie zwei dieser drei Kriterien erfüllen:
- mehr als 250 Mitarbeitende
- mehr als 50 Mio. Euro Nettoumsatz
- mehr als 25 Mio. Euro Bilanzsumme
Damit das gelingt, muss ein entsprechendes Nachhaltigkeitsmanagement aufgebaut werden. Die Zeit wird langsam knapp.
Erste Konzerne müssen bereits für das aktuelle Jahr einen Nachhaltigkeitsbericht nach den CSRD-Regularien anfertigen. Alle anderen Unternehmen, die mindestens zwei der genannten Kriterien erfüllen, müssen 2026 einen Bericht für das Jahr 2025 abliefern. Das heißt: Sobald das nächste Jahr beginnt, müssen die benötigten Daten erfasst und strukturiert werden. „Damit das gelingt, muss ein entsprechendes Nachhaltigkeitsmanagement aufgebaut werden", sagt Sarah Krüger. „Die Zeit wird langsam knapp.“ Unternehmen sollten sich also ranhalten.
Die 10 Schritte zum eigenen Nachhaltigkeitsmanagement
Der Impuls für den Aufbau eines Nachhaltigkeitsmanagements muss von der Geschäftsführung ausgehen. „Sie muss der Anlasser sein, um die Maschinerie ins Laufen zu bringen“, sagt Sarah Krüger. Wird das Management nicht als Treiber des Ganzen sichtbar und spürbar, verzögert sich das ganze Projekt – oder erlahmt total.
- 1. Nachhaltigkeitsverantwortung festlegen
- 2. Bestandsaufnahme zu Nachhaltigkeit durchführen
- 3. Vision & Purpose formulieren & Governance aufsetzen
- 4. Stakeholder- & Wesentlichkeitsanalyse durchführen
- 5. Nachhaltigkeitsstrategie entwickeln
- 6. Nachhaltigkeitsprogramm aufsetzen (Ziele, KPIs, Maßnahmen)
- 7. Risiko- & Chancenmanagement ergänzen
- 8. Datenmanagementsystem aufsetzen
- 9. Kommunikationsstrategie entwickeln & Reporting erstellen
- 10. Monitoring der Nachhaltigkeitsaktivitäten & Due Diligence Prozesse einrichten
Schritt 1: Team festlegen
Sobald sich die Geschäftsführung zum Aufbau eines Nachhaltigkeitsmanagements bekennt, werden Zuständigkeiten festgelegt. Idealerweise berichtet ein Nachhaltigkeitsmanager oder eine Nachhaltigkeitsmanagerin direkt an die Geschäftsführung. Doch allein kann diese Person meist nicht viel erreichen. Zumindest anfangs sollte ein (Projekt-)Team von fünf bis sechs Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen aus verschiedenen Abteilungen bei der Umsetzung mit anpacken. Die Erfahrung zeige, sagt Sarah Krüger, „sobald es feste Ansprechpersonen für Nachhaltigkeitsthemen gibt, kommt viel Input und Feedback aus der Belegschaft.“
Schritt 2: Bestandsaufnahme durchführen
Das (Projekt-)Team übernimmt die Bestandsaufnahme. In welchen Bereichen ist unser Unternehmen bereits nachhaltig? „Die erste Erkenntnis ist häufig: Wir sind bereits weiter als wir dachten“, sagt Sarah Krüger. Gleichzeitig konstatiert die Bestandsaufnahme allerdings auch, wo sich noch Lücken auftun.
Schritt 3: Vision formulieren
Aus der Bestandsaufnahme ergibt sich, was künftig zu tun ist, um nachhaltiger zu wirtschaften. Um vor lauter Einzelschritten das große Ganze nicht aus den Augen zu verlieren, empfiehlt es sich, eine „Vision“ zu entwickeln: Wo wollen wir als Unternehmen in zehn Jahren stehen? Diese Vision setzt den Leitstern für die strategischen Gedanken der einzelnen Schritte.
Wie ESG bin ich?
Die nachhaltige Transformation der Wirtschaft hat begonnen. Und der Staat achtet darauf, dass möglichst alle Unternehmen mitziehen. Die Gesetze und Verordnungen orientieren sich dabei am neuen Standard für Nachhaltigkeit: ESG. Die Buchstaben stehen für Environment (Umwelt), Social (Soziales) und Governance (Unternehmensführung) und prägen ein umfassendes Nachhaltigkeitsverständnis. Die Vielfalt der ESG-Kriterien überfordert allerdings viele Unternehmen. Sie fragen sich: Wie ESG bin ich? Das ESG-Dashboard der LBBW gibt Antworten.
Schritt 4: Wesentlichkeit analysieren
Die Wesentlichkeitsanalyse ist die Basis für Operatives: Sie erarbeitet, auf welche (maximal 15) Nachhaltigkeitsthemen sich das Unternehmen fokussieren sollte. Bei der Wesentlichkeitsanalyse wird zugleich erkundet, welche Erwartungen die Stakeholder – also etwa die Belegschaft, Geschäftspartner und Kunden – an das Unternehmen und seine nachhaltigen Aktionen haben. Das vermeidet, Ressourcen an unwichtige Aufgaben zu verschwenden.
Schritt 5: Strategie entwickeln
Wie können die wesentlichen Nachhaltigkeitsthemen in übergeordnete Handlungsfelder gepackt werden? Beim Entwickeln einer Strategie gilt es, verschiedene Faktoren abzugleichen. Was ist unsere Ambition bei den Handlungsfeldern? Wo können wir „Quick Wins“, also schnelle Erfolge, einsammeln? Welche Vorhaben werden länger dauern?
Schritt 6: Programm aufsetzen
Die nachhaltige Transformation besteht aus hunderten, eher tausenden kleinen und größeren Schritten. Um die Strategie umzusetzen, müssen die Ziele mit ebenso konkreten Maßnahmen verknüpft werden. Ganz wichtig: die Messbarkeit mithilfe von Kennzahlen. Nur so kann garantiert werden, dass die formulierten Ziele auch tatsächlich erreicht werden. Gleichzeitig liefern Kennzahlen auch Anknüpfungspunkte zu Berichterstattung und zu nachhaltigen Finanzierungen.
Schritt 7: Risiken und Chancen sehen
Ein gutes Nachhaltigkeitsmanagement strukturiert die Risiken und Chancen auf strategischer Ebene. Was passiert mit dem Unternehmen, wenn der Klimawandel voranschreitet? Wie ändern sich Bedürfnisse bei Kunden, wie kann ich mich frühzeitig darauf einstellen? „Es wäre falsch zu behaupten, Nachhaltigkeit würde nur Kosten verursachen“, sagt Sarah Krüger. „Genauso stecken hier viele Chancen, um die Erträge von morgen und übermorgen zu sichern!“
Schritt 8: Daten erheben
Nachvollziehbare und belastbare Daten sind unverzichtbar – insbesondere für Unternehmen, denen aufgrund der CSRD-Regulatorik eine faktenbasierte Berichterstattung abgefordert wird. Für ein effizientes Datenmanagement müssen „entsprechende Prozesse und Verantwortlichkeiten neu etabliert werden“, heißt es in einer aktuellen Studie. Derzeit sehen sich laut Studie 60 Prozent der deutschlandweit befragten Unternehmen allerdings überfordert, die gewünschten Daten zu liefern. Zwei Drittel der Finanzentscheider bewerten den Aufwand als problematisch, die Hälfte klagt über die mangelnde Qualität der bereits vorliegenden Daten.
Schritt 9: Kommunizieren, kommunizieren, kommunizieren
Die nachhaltige Transformation ist keine geheime Kommandosache: Die ganze Belegschaft soll mitziehen. Daher ist es unverzichtbar, die Angestellten möglichst früh und möglichst umfassend einzubeziehen und natürlich über Erfolge zu berichten. Der größte Erfolg: Wenn dadurch der Schwenk von „Muss das sein?“ zu „Gute Sache – da bin ich gern dabei!“ gelingt.
Schritt 10: Ziele nachjustieren
Nachhaltigkeitsmanagement ist eine Daueraufgabe. Sobald erste Meilensteine erreicht sind, tun sich neue Ziele auf. Deshalb überlegt das Nachhaltigkeitsmanagement jedes Jahr aufs Neue gemeinsam mit der Geschäftsführung: Wie und wobei können wir noch besser werden?
CSRD als Wecker für den Mittelstand
Viele Mittelständler hätten Nachhaltigkeit noch nicht als strategisches Thema erkannt, besagt eine aktuelle Bertelsmann-Studie. „Es sind vor allem die Wünsche der Kunden nach Nachhaltigkeit in den Unternehmen, die diese antreiben“, heißt es in der Studie. „Politische Regulierungen werden dagegen eher als eine Frage der Pflichterfüllung gesehen, während Kundenwünsche das eigene Geschäftsmodell herausfordern.“
80 Prozent der Mittelständler wachen gerade erst auf, schätzt auch Sarah Krüger. Der Wecker: die CSRD. „Es ist die Gesetzeskeule, die aktuell zieht.“ Doch konsequent umgesetzt werde Nachhaltigkeit nur, wenn man sie als sinnvoll erkannt habe, sagt Krüger. „Den Business Case – das ,Warum‘ – muss allerdings jedes Unternehmen für sich erarbeiten.“ Ein mögliches „Warum“ können sich Geschäftsleitungen aus einer IBM-Studie abgucken: Mehr als 80 Prozent der befragten Geschäftsführer und Geschäftsführerinnen erwarten, dass Investitionen in Nachhaltigkeit innerhalb von fünf Jahren zu besseren Geschäftsergebnissen führen.
Sustainable Finance und Nachhaltigkeitsmanagement – so kommt beides zusammen
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Das Sustainability-Advisory-Team der LBBW berät und begleitet Sie gern beim Aufbau eines Nachhaltigkeitsmanagements – bei allen zehn Schritten!
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