Der Wind kommt von Osten
Vietnam setzt immer mehr auf Windenergie: Dank Exportfinanzierung der LBBW konnte der Windpark Huong Linh 1 Ende 2019 ans Netz gehen.
Vietnam braucht Energie, um weiter zu wachsen, darum setzt das Land auf Windkraft. Gemäß dem vietnamesischen Industrie- und Handelsministerium (Ministry of Industry and Trade of Vietnam, MOIT) soll Windkraft im Jahr 2030 mit rund 7 Prozent zur Energieerzeugung beitragen – derzeit liegt der Anteil im Promillebereich. Das ändert sich gerade rasant, etwa durch den Windpark Huong Linh 1. Die Anlage stammt von Vestas Wind Systems, einem dänischen Spezialisten für Windkraftanlagen. Die Finanzierungslösung bestand größtenteils aus einem Bestellerkredit an den vietnamesischen Projektentwickler für die Lieferung von Turbinen und Zubehör. Wert: rund 21 Millionen Euro.
LBBW: Pionierarbeit beim Gestalten des Kredits
Bestellerkredite sind beim Export von Anlagen in risikoreiche Märkte weit verbreitet. In vielen Entwicklungs- und Schwellenländern ermöglichen sie erst, dass es überhaupt zum Geschäftsabschluss kommt. Die Bank gibt dabei dem Käufer im Ausland einen Kredit, mit dem er diese Anlage bezahlt. Dabei schützt ein Kreditversicherer (Export Credit Agency, ECA) zu 95 Prozent gegen politisch und wirtschaftlich bedingte Kreditausfälle. Vermittelt werden solche Kredite häufig von den Exporteuren bzw. ihren Banken. Dadurch helfen sie ihren ausländischen Kunden, eine geeignete langfristige Finanzierung zu finden, die in dortigen weniger entwickelten Finanzmärkten oft fehlt.
Damit hat sich die LBBW vor Ort einen Namen gemacht.
Die LBBW hat Erfahrung mit solchen Exportfinanzierungen. Im Fall von Huong Linh 1 bestand die Herausforderung darin, einen bankgarantierten Bestellerkredit nach internationalen Dokumentationsstandards zu strukturieren und dabei lokale Gegebenheiten zu berücksichtigen. Zum einen musste der Kredit ECA-konform gestaltet werden, also nach allgemeinen (OECD Consensus) und spezifischen Vorgaben des Exportkreditversicherers. Zum anderen musste eine vietnamesische Bank als Garant eingebunden werden, weil die vietnamesischen Stromabnahmeverträge nicht als bankfähig gelten. Bei so einem Bestellerkredit sind also eine Reihe von Besonderheiten zu managen und ausgiebige Vertragsverhandlungen erforderlich, während Exporteur und Kreditnehmer erwarten, dass alles möglichst reibungslos verläuft. Das ist gelungen. „Damit hat sich die LBBW vor Ort einen Namen gemacht“, sagt Stefan Rethmeier, Fachberater für Export Finance Asia/Pacific der LBBW in Singapur. „Wir haben hier Pionierarbeit geleistet“, sagt Rethmeier. Sobald die Garantie der lokalen Bank vorlag, sicherte die staatliche Kreditversicherung Dänemarks, EKF, das Kreditvolumen zu 95 Prozent gegen politische und wirtschaftliche Risiken ab.
Huong Linh 1 liegt unweit der alten Kaiserstadt Hue, keine 20 Kilometer von der Küste entfernt. Seit Ende 2019 erzeugen hier 15 Windturbinen bis zu 33 Megawatt Strom – das reicht, um 27.500 Haushalte mit grünem Strom zu versorgen. Der Kreditvertrag mit dem vietnamesischen Investor Tan Hoan Cau wurde im Oktober 2018 unterschrieben, im März 2019 erfolgte die erste Auszahlung. Ende 2019 ging die letzte der 15 Vestas-Turbinen ans Netz.
Ein Meilenstein für die Windbranche
„Die Finanzierung von Huong Linh 1 war wegbereitend und setzte einen Meilenstein für die Windenergiebranche in Vietnam“, sagt Valeria Krepis, Ansprechpartnerin für Export Finance der LBBW in Stuttgart. Auch andere Branchen würden mittelfristig davon profitieren, da die Struktur übertragbar ist. Doch zunächst sorgt der Durchbruch mit Huong Linh 1 für weitere Aufträge in der Windbranche: Noch 2019 konnte die LBBW eine Finanzierung für einen weiteren Windpark abschließen und zeitgleich neue Geschäfte im dreistelligen Megawattbereich sichern.
Die Finanzierung von Huong Linh 1 war wegbereitend für die Windenergiebranche in Vietnam.
Die attraktive Einspeisevergütung und das geografische Potenzial Vietnams führen derzeit zu einem regelrechten Investitionsboom. Fachberaterin Krepis sagt: „Wir freuen uns, die vietnamesische Regierung weiterhin beim Erreichen ihrer Klimaziele zu unterstützen und unsere Position als kompetenter Partner für Exportfinanzierung weiter zu stärken.“
Windkraft in Vietnam
Bei seinem schnell wachsenden Strombedarf stützte sich Vietnam früher vor allem auf Wasserkraft, Kohle- und Gaskraftwerke. Da das Potenzial der Wasserkraft weitgehend ausgereizt ist und Vietnam jede Abhängigkeit von Kohleimporten vermeiden möchte, wird seit 2016 die Windenergie gefördert. Allein 2019 stieg die installierte Leistung von rd. 150 auf über 300 Megawatt, im März 2020 waren bereits elf Windparks in Betrieb mit 377 MW Kapazität. 2025 sollen bereits rund 6.000 Megawatt Strom aus Windenergie erzeugt werden, plant die vietnamesische Regierung, bis 2030 sollen es gar rund 10.000 Megawatt werden – mehr als 30-mal so viel wie noch 2019.
Die Küste Vietnams ist rund 3.500 Kilometer lang. Vor allem in Mittelvietnam (wo Huong Linh 1 steht) und Südvietnam bläst der Wind mit einer Stärke von gut sechs Metern pro Sekunde (rund 25 km/h) – das entspricht der steifen Brise an der Nordseeküste. Diese Geschwindigkeit erreicht der Wind in Vietnam bereits auf 65 Meter Höhe. Das bedeutet: Die Anlagen müssen nicht in den Himmel spargeln, um die optimale Leistung abzurufen.
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