11– Grüne Technologien in Maßen regulieren
Die Europäische Union fördert klimafreundliche Technologien mit dem EU Green Deal. Doch je komplizierter die Förderstrukturen, desto fraglicher der Erfolg.
Der Weltmarkt für grüne Technologien wird für 2020 auf 4,6 Billionen Euro taxiert – bis 2030 könnte er sich mehr als verdoppeln. Es geht dabei nicht nur um Geld, sondern auch um Arbeitsplätze, Unabhängigkeit und um die Stellung als Industriemacht. All das will die EU-Kommission mit dem 2019 ins Leben gerufenen EU Green Deal erreichen. Er soll Europa und seiner Bevölkerung Gesundheit und Wohlstand garantieren und den Planeten retten. Die Union wollte es perfekt machen, die bestmögliche Grundlage für die Transformation, aber auch für die Wettbewerbsfähigkeit schaffen. Sie war viele Jahre weltweiter Vordenker in Sachen Nachhaltigkeit und womöglich auch das Zugpferd für andere Kontinente. Diese Vorreiterrolle ist jetzt in Gefahr.
Ohne einen regulatorischen Rahmen funktioniert die Umsetzung eines solch großen Projektes nicht. Nimmt die Regulierung überhand, erstickt sie das Projekt jedoch im Keim. Die EU verabschiedete zahlreiche Verordnungen und Richtlinien in diesem Zusammenhang. Das bindet Ressourcen in Behörden und Unternehmen, die an anderer Stelle gebraucht würden. Der Fokus auf das eigentliche Thema, die Transformation, geht verloren.
Die EU war viele Jahre weltweiter Vordenker in Sachen Nachhaltigkeit und womöglich auch das Zugpferd für andere Kontinente. Diese Vorreiterrolle ist jetzt in Gefahr.
Handeln statt Reden: Die USA machen es vor
Europa muss den Sprung schaffen vom Regulierer und Wegbereiter zum Umsetzer. Handeln statt reden, planen und definieren. Während der Corona-Pandemie und zu Beginn des Ukraine-Kriegs haben wir in beeindruckender Weise gezeigt, wie schnell, leistungsfähig und unbürokratisch wir auf Krisen reagieren können. Genau diese Wendigkeit und Schnelligkeit braucht es beim grünen Deal. Es ist ein Rennen gegen die Zeit geworden.
Andere Nationen haben Europa mit einfachen industrie- und standortpolitischen Anreizsystemen überholt. Allen voran die USA mit dem Inflation Reduction Act (IRA). Einfach und unbürokratisch zeigt er sich gegenüber seinem europäischen Pendant, dem EU Green Deal Industrial Plan. Der regelt, welche Technologie in welchem Maße als strategisch wichtig erachtet wird, und lässt dadurch viele Innovationen hinten runterfallen. Aber was braucht Europa tatsächlich, um Investitionsentscheidungen für eine grüne und nachhaltige Zukunft zu treffen?
Die EU braucht eine schlanke Förderstruktur
Europas Fördervolumen in grüne Technologien steht mit rund 450 Milliarden Euro anderen Ländern in nichts nach. Der Zugang zu diesen Mitteln und die Bewerbung dafür ist jedoch zu aufwendig. Ziel muss sein, dass nicht Unternehmen den richtigen Topf suchen, sondern eine EU-Förderstelle das jeweilige Projekt zuweist. Zusätzlich muss die Genehmigung von Projekten beschleunigt werden. Für Finanzierung, Rentabilität, aber auch Rohstoffbeschaffung braucht es Planungssicherheit. Der im März veröffentlichte Net-Zero Industry Act soll dafür sorgen – im Jahr 2024 muss aus Theorie auch Praxis werden.
Europa kann es sich nicht leisten, Technologien auszuschließen. Fördergelder sollten sich primär nach dem Nutzen einer Lösung richten: Je höher das CO2-Einsparpotenzial oder je niedriger der Wasserverbrauch, desto höher die Fördergelder. Das würde auch den administrativen Aufwand reduzieren und die Prüfung vereinfachen. Und schließlich sollte es einen Förderbonus für Projekte geben, die eine europäische Wertschöpfungskette aufweisen. Denn das macht die Lieferketten zuverlässiger und reduziert Abhängigkeiten.
Deutschland muss sich in Brüssel dafür einsetzen, dass eine schlanke Förderarchitektur für Green Tech zur Priorität wird, und selbst mit passgenauer und unbürokratischer Unterstützung auf Bundes- und Länderebene die EU-Maßnahmen komplementieren.
Jetzt anpacken
- Wertschöpfung in der EU priorisieren.
- Planungssicherheit schaffen.
- Förderung an Nutzen ausrichten.
Diese Seite wurde zuletzt aktualisiert am 27.11.2023