Kommt die Revolution im Energiesektor?
Sektor Energie und Versorger: Wie Sie die Potenziale des disruptiven Umbruchs nutzen können, vermittelt LBBW-Sektorexperte Dr. Marcel Zürn.
Der Strom kommt weiterhin aus der Steckdose, doch alles andere im Energiesektor ändert sich grundlegend. Der Klimawandel – und eng damit verbunden: die Energiewende – ist eine zentrale Herausforderung der heutigen Zeit. Der Ausstieg aus der Kohle und der Kernenergie ist beschlossen, doch der vollständige Umstieg auf regenerative Energien ist ein Kraftakt. Für den Übergang wird Erdgas in der kombinierten Erzeugung von Strom und Wärme immer wichtiger, muss langfristig aber auch durch CO2-freie Alternativen abgelöst werden. Gleichzeitig werden für eine vollständige Dekarbonisierung Wasserstoffprojekte vorangetrieben, die neben dem Stromsektor auch die Bereiche Wärme und Mobilität umfassen. „In Zeiten des Umbruchs müssen erprobte Geschäftsmodelle der Energiewirtschaft auf den Prüfstand gestellt und zukunftsfähig gemacht werden. Genau da setzen wir an“, sagt Dr. Marcel Zürn, Sektorexperte der LBBW für Energie und Versorger.
Windkraft und Photovoltaik auf Rekordniveau
Bruttostromerzeugung in Deutschland 2020
Im Sinne einer nachhaltigen Treibhausgasreduktion im Energiesystem kommt dem weiteren ambitionierten Ausbau der erneuerbaren Energien eine zentrale Rolle zu. Durch die fluktuierende Einspeisung von Strom aus Sonne und Wind und wegen der schwankenden Nachfrage wird die Regelung des Systems komplexer, und Energiespeicher werden künftig an Bedeutung gewinnen.
Die Herausforderungen im Energiemarkt
Die Energieversorgung wird immer komplexer, wenn zunehmend konventionelle Kraftwerke stillgelegt und fluktuierende erneuerbare Energien zugebaut werden.
Der Ausbau der Elektromobilität braucht eine umfassende Ladeinfrastruktur. Hier treffen Wettbewerber aus völlig unterschiedlichen Branchen aufeinander.
Dezentrale Energieversorgung löst zentrale Energieversorger ab, gleichzeitig werden Transport und Speicherung von Energie immer wichtiger.
Kunden wandeln sich zu aktiven Beteiligten der Energiewende. Gleichzeitig ist die Akzeptanz der Bürger bei den grundlegenden Umwälzungen im Rahmen der Energiewende wichtiger denn je.
Die Energiebranche ist geprägt von langen Investitionszyklen mit hohen Summen, doch zugleich konfrontiert mit einem schnell agierenden Wettbewerb aus unterschiedlichen Branchen. Es gibt ein neues Rennen um die Vorherrschaft, zum Beispiel im Bereich der Elektromobilität. Die Frage ist hier, wer die Ladeinfrastruktur am Ende wirklich bereitstellt: Machen das die Energieversorger, die Ölkonzerne oder die Automobilhersteller? „Die Energiewirtschaft ist immer noch in einem Prozess des Suchens und Findens“, sagt LBBW-Sektorexperte Dr. Marcel Zürn.
Derzeit werden alle klassischen Strukturen infrage gestellt. Entscheidend ist, wer sich mit welcher Strategie behauptet.
In diesem dynamischen Markt zu bestehen, ist eine Herausforderung. Dr. Marcel Zürn kennt die Potenziale ebenso wie die Stolperfallen. Als Sektorexperte der LBBW für Energie und Versorger ist er Ihr Ansprechpartner, wenn es um neue Wege der Wertschöpfung bei Erzeugung, Netz, Vertrieb und Service geht – und darum, überregionale Querverbindungen innerhalb und außerhalb seiner Branche zu schaffen. „Unternehmen müssen über die Grenzen des Energiesektors hinaus ein Netzwerk knüpfen und die Energiewende zu Ende denken“, sagt Zürn, „um zu den Gewinnern zählen zu können.“
Synergien nutzen: Sektorenkopplung
Die Energiewende kann nur gelingen, wenn wir von der Strom- zu einer wirklichen Energiewende kommen. Die Integration mehrerer Sektoren auf mehreren Ebenen von lokal über national bis international ist notwendig, um die Energiewende zu realisieren:
- Ausbau der Übertragungsnetze in Europa sowie internationale Allianzen zur Erzeugung und zum Handel mit grüner Energie
- Nationales, abgestimmtes Energiesystem inklusive Netzinfrastruktur und Ausbau erneuerbarer Energien
- Zusammenarbeit von Städten und ländlichen Räumen zur Nutzung erneuerbarer Energien
- Kooperationen zwischen Unternehmen sowie Quartiersmanagement, Nahwärmenetze und Mobilitätskonzepte
Neue Technologien wie Blockchain, Machine-Learning und Cloud-Anwendungen vernetzen Unternehmen ebenso wie Kunden. Durch diesen disruptiven Umbruch ergeben sich neue Ökosysteme aus Branchen, die bislang nur wenig miteinander zu tun haben. LBBW-Sektorexperte Zürn sagt: „Künftig werden Unternehmen aus dem Energiesektor eng zusammenarbeiten mit Unternehmen aus der Software-, Immobilien- und Mobilitätsbranche.“ Durch den Umbruch verändern sich die Geschäftsmodelle der Unternehmen grundlegend. Wie sieht beispielsweise das Geschäftsmodell eines Gasnetzbetreibers aus, wenn in einer dekarbonisierten Welt kein Erdgas mehr benötigt wird? Durch den Um- und Ausbau der Gasnetzinfrastruktur kann dort künftig Wasserstoff transportiert und in vorhandenen Gasspeichern über längere Zeit gespeichert werden. Da nur ein kleiner Teil des künftig benötigten Wasserstoffs im Inland hergestellt werden kann, werden der internationale Handel und Transport ein zentraler Bestandteil einer künftigen Wasserstoffwirtschaft, in der die heutigen Akteure eine wichtige Rolle einnehmen können. Aktuell entwickeln sich diese Märkte und Allianzen, und eine Menge von Fragen sind noch unbeantwortet, allen voran die Regulatorik. „Deshalb ist es wichtig, sich in dieser Phase frühzeitig zu positionieren, um in eine optimale Ausgangsposition zu kommen“, sagt Zürn. „Das Rennen in diesem Bereich ist noch völlig offen.“
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Dr. Marcel Zürn
Dr. Marcel Zürn arbeitete nach seinem Studium am Institut für Energiewirtschaft der Universität Stuttgart, bevor er zur Boston Consulting Group und zu Rolls Royce Power Systems wechselte. Früher war die Branche reguliert und durch klare Strukturen geprägt, sagt Zürn, heute sei durch den kompletten Umbau der Energiewirtschaft und wegen des Auftretens neuer Wettbewerber alles im Fluss. Zürn bringt sein umfangreiches Know-how ein, um mit neuen Impulsen die Herausforderungen der Energiewende zu meistern.
Wenn Kohle machen mit Strom – nur ohne Kohle eben – Ihr Business ist, dann ist Kohle machen mit Strom – nur ohne Kohle eben – auch unser Business.