02.10.2024

Warum Rapunzel die Supermärkte erobert

Gerade hat Rapunzel Naturkost den 50. Geburtstag gefeiert. Anlass genug, über die Bioläden hinaus neue Kundinnen und Kunden zu finden: im Supermarkt.

Tisch voller Produkte von Rapunzel
Tisch voller Produkte von Rapunzel

Rapunzel Produkte in den Regalen des Lebensmittel-Einzelhandels? „Noch vor zehn Jahren hätte ich mir das nicht vorstellen können, ehrlich nicht“, sagt Leonhard Wilhelm. Als sein Vater Joseph vor 50 Jahren einen Naturkostladen eröffnete, wurde er noch als „Müsli“ belächelt. Abnehmer für die vegetarischen Biolebensmittel von Rapunzel Naturkost waren jahrzehntelang ausschließlich andere Bioläden. Die verstanden sich als die Guten, Supermärkte galten als die Bösen. Wer wo einkauft, war ein ideologisches Statement. Das hat sich geändert. Bioprodukte gibt es auch bei Rewe und Lidl, Aldi und Edeka. Wer dort bei Biozitronen oder Biomilch zugreift, wird längst nicht mehr als „Müsli“ belächelt. Trotzdem fehlte der Haselnussaufstrich Samba von Rapunzel in den Regalen. Das ändert sich nun teilweise.

„Sich ins Haifischbecken ,Supermarkt‘ zu wagen, war für uns ein großer, durchaus mutiger Schritt“, sagt Leonhard Wilhelm, seit fünf Jahren Geschäftsführer von Rapunzel Naturkost. Ebenso lange denken sie in Legau im Allgäu darüber nach, ob sie dieses Abenteuer angehen sollen. „Die Begehrlichkeiten des Lebensmittel-Einzelhandels sind groß“, sagt Wilhelm. Die Ketten wollen authentische und erfolgreiche Marken – mehr als Produkte mit „Bio“ vorn drauf. „Und wir mit unserer 50-jährigen Geschichte, mit unserem selbstverständlichen Einsatz für fairen Handel und eine nachhaltige Welt sowie mit eigener Produktion vor Ort sind die authentischste Marke in diesem Bereich“, sagt Wilhelm.

Der Start ins Abenteuer „Supermarkt“

2023 startete das Abenteuer „Supermarkt“. Rapunzel wählte dafür bioaffine Ketten mit einem regionalen Fokus aus: Feneberg und Tegut. Das lief von Anfang an sehr gut, die Kundinnen und Kunden griffen zu. „Was mir ganz wichtig ist“, betont Leonhard Wilhelm, „das sind Zusatzverkäufe, wir nehmen damit keinem Bioladen etwas weg.“

Sich ins Haifischbecken ,Supermarkt‘ zu wagen, war für uns ein großer, durchaus mutiger Schritt.

Leonhard Wilhelm, Geschäftsführer von Rapunzel Naturkost

Jetzt wagen die Allgäuer den nächsten Schritt und starten die Zusammenarbeit mit selbstständigen Edeka-Märkten. Genauer gesagt: Rapunzel ist in den Naturkind-Märkten und -Welten von Edeka zu finden. Dazu kommen einige „normale“ Edeka-Märkte, die besonders bioaffin sind. Dort ist die Rapunzel-Präsenz nicht zu übersehen: Wer Rapunzel als Marke führen will, muss mindestens 300 Produkte aus dem Sortiment in die Regale stellen. „Manche Händler nehmen auch 500 oder mehr Produkte“, sagt Geschäftsführer Wilhelm. „Diese Resonanz ist höchst erfreulich.“

400

Edeka-Supermärkte führen demnächst Produkte aus dem Rapunzel-Sortiment

In diesem Jahr wird deutschlandweit in rund 400 Edeka-Märkten Platz für Rapunzel geschaffen, in den kommenden Jahren werden noch einige dazukommen. Die anderen großen Ketten hat Leonhard Wilhelm derzeit nicht auf dem Schirm, „wir schauen uns eher in Österreich und in der Schweiz um, wer zu uns passen könnte“.

Das Geld für das organische Wachstum gibt die LBBW

Für Leonhard Wilhelm ist es wichtig, dass Rapunzel sich nicht übernimmt und organisch wächst. „Wir müssen den Ketten unsere Lieferfähigkeit garantieren – und das klappt“, sagt der Rapunzel-Geschäftsführer. Das Unternehmen hat in den vergangenen Jahren insgesamt mehr als 100 Millionen Euro in die Hand genommen, um diesen nächsten Schritt zu gehen. Ein guter Teil der Investitionen wurde es aus dem Eigenkapital finanziert, „aber wenn wir mal Kredite brauchen, ist die LBBW ein toller und verlässlicher Partner“. Die LBBW begleitet das Unternehmen bereits seit langer Zeit und „hat uns auch in schweren Zeiten die Stange gehalten, so was merken wir uns“. Was Geschäftsführer Wilhelm besonders angenehm findet: Sobald es Gesprächsbedarf gibt, kommen die Kollegen und Kolleginnen schnell mal rüber „und man spricht von Mensch zu Mensch“.

Dieser Mensch ist Lisa Geisselmann. Die Unternehmenskundenberaterin arbeitet im nahe gelegenen Leutkirch und begleitet Rapunzel eng im Tagesgeschäft, wenn es um Geldanlage oder Zahlungsverkehr geht, betreut außerdem die „Eine Welt Bio“-Stiftung von Rapunzel. Natürlich war die LBBW involviert, als vor einigen Jahren der (befreundete) Wettbewerber Zwergenwiese aufgekauft wurde. Ebenso, als die Idee entstand, ein Besucherzentrum aufzubauen: die Rapunzel Welt. Seit Herbst 2022 ist das Besucherzentrum in Legau geöffnet – und die Menschen strömen herbei. Rund 200.000 Menschen werden dieses Jahr erwartet. Für Leonhard Wilhelm ein Beleg dafür, „dass das Verständnis einer nachhaltigen Lebensweise in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist“.