24.01.2025
Augen auf bei der Elternwahl!
Der Bildungsstatus Erwachsener hängt extrem vom Elternhaus ab.
Seit dem PISA-Schock im Jahre 2000 sind uns die regelmäßigen internationalen OECD-Leistungstests von Schülern geläufig. Nachdem Deutschland bei PISA damals erschreckend schwach abgeschnitten hatte, verbesserte sich die Performance der deutschen Schülerinnen und Schüler zwar zunächst, in den vergangenen zehn Jahren rutschte sie aber wieder ins Mittelfeld ab. Und wie sieht es bei uns aus, die wir die Schulbank längst hinter uns gelassen haben? Um das herauszufinden, hat die OECD einen PISA vergleichbaren Test unter Erwachsenen durchgeführt. Um es vorwegzunehmen: Die Versetzung ist nicht gefährdet, aber von der Rolle des Klassenprimus ist Deutschland meilenweit entfernt (Abb. 1). Sind Sie bereit für die Zeugnisvergabe?
Abb. 1: Abweichung vom OECD Durchschnit
Deutschland ist ein Land großer Bildungsungleichheit
Die für Deutschland aggregierten Daten sind halbwegs erfreulich. Im Detail hängen die Ergebnisse aber extrem davon ab, wo der Proband oder die Probandin jeweils in der Gesellschaft steht. Deutschland hat bei der Bildung ein strukturelles Problem. Abbildung 2 illustriert die große Spreizung der Ergebnisse. Die durchschnittliche Performance von Erwachsenen mit Hochschulabschluss liegt in Deutschland mehr als 5 % über dem durchschnittlichen Akademiker in der OECD. Da scheint irgend etwas zu funktionieren an unseren Universitäten. Die Kehrseite der Medaille ist leider, dass Erwachsene ohne Abitur in allen drei getesteten Kategorien Lesen, Problemlösen und Rechnen deutlich unter der internationalen Norm liegen. Tatsächlich ist von den 29 untersuchten Ländern Deutschland dasjenige Land, in dem die Unterschiede zwischen Erwachsenen mit nur einfacher und denen mit höherer Bildung am zweitgrößten ist. Nur in den USA sind die Ungleichheiten noch ausgeprägter. Dringender Reformbedarf ist offensichtlich. Ähnliches ist bei der Bildung von Migranten zu beobachten. Deutschland ist OECD-weit ein Nachzügler bei der Integration von Zuwanderern der ersten Generation, während „Eingeborene“ deutlich besser als der Durchschnitt abschneiden (Abbildung 2 Mitte). Leider besteht wenig Hoffnung auf Besserung. Die PISA-Ergebnisse für Schüler zeigen unzweifelhaft, dass Deutschland bei der Integration der nächsten Generation von Migranten weiterhin unter ferner liefen rangiert.
Abb. 2: Sozioökonomische Determinanten des Bildungsstandes Erwachsener
Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm
Zu guter Letzt fällt auf, wie stark die Kenntnisse der getesteten Erwachsenen vom Bildungsstand ihrer Eltern abhängen (Abb. 2). Wenn mindestens ein Elternteil Akademiker ist oder war, schneiden Deutsche mit Hochschulabschluss um 4,3 % besser ab als Erwachsene mit vergleichbarem familiärem Hintergrund im OECD-Durchschnitt. Wenn keiner der Eltern Abitur hat, erzielen die Erwachsenen in Deutschland schlechtere Ergebnisse als der internationale Vergleich. In keinem einzigen (!) anderen Land im Test bestimmt die elterliche Bildung die intellektuellen Fähigkeiten der Nachkommen so stark wie in Deutschland.
Die Ergebnisse erinnern uns an eine unangenehme Wahrheit: Entgegen der häufig anzutreffenden Selbstwahrnehmung ist Deutschland ein Land mit außergewöhnlich geringen sozialen Aufstiegschancen. Kinder ärmerer Eltern bleiben mit höherer Wahrscheinlichkeit als anderswo selbst arm. In Deutschland dauert es im Schnitt sechs Generationen, bis Nachkommen einer Familie mit niedrigem Einkommen das Durchschnittseinkommen erreichen. Nur in Schwellenländern ist die sozialökonomische Undurchlässigkeit noch ausgeprägter als bei uns! In Zeiten des demografischen Niedergangs kann sich Deutschland diese kastenartige Segmentierung nicht mehr leisten.
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