27.09.2024

Deutsche Autobauer suchen das Gaspedal

Schmerzfreie Wege aus der Krise wird es wohl nicht geben.

Die schlechten Nachrichten aus den Konzernzentralen der deutschen Autoindustrie reißen nicht ab. Erst der Tabubruch bei Volkswagen: Werksschließungen und betriebsbedingte Kündigungen sind nicht mehr ausgeschlossen. Darauf folgten in kurzem Abstand die zwei anderen deutschen Platzhirsche. Mercedes-Benz und BMW senkten die Gewinnerwartungen. An der Börse herrscht tiefer Pessimismus

Kurs-Gewinn-Verhältnis 2024

Quelle: Bloomberg (23.9.2024), LBBW Research

Ein Strauß von Problemen

Nach dem Dieselskandal glaubten ja viele, dicker könne es nicht mehr kommen. Jetzt kommt es dicker. Also lud Wirtschaftsminister Robert Habeck Anfang der Woche zum Autogipfel. Davon konkrete Lösungen zu erwarten, wäre naiv gewesen. Dafür ist die Situation zu komplex und das Problem zu vielschichtig:

  • Absatzrückgang: Die Nachfrage ist schwach. Die Verkaufszahlen für Autos in Europa sind im August im Jahresvergleich um 18 % eingebrochen. In Deutschland sogar um 28 %. Und bei Elektrofahrzeugen um mehr als 40 %. Der Zinsanstieg tut sein Übriges: Fast die Hälfte der verkauften Neuwagen werden in Deutschland über Kredit oder Leasing finanziert.
  • Modellpalette: Im größten Automarkt der Welt, China, fallen Volkswagen & Co. angesichts des dort rasanten Trends zur EMobilität zurück. Während die drei großen deutschen Autobauer bei Verbrennern etwa 20 % Marktanteil haben, stammen gerade mal 6 % aller Elektrofahrzeuge in China aus ihren Werken. Da die Big 3 zwischen 30 und 40 % ihrer Fahrzeuge in China absetzen, trifft dieser Trend ihre Ertragslage schwer.
  • Kostendisziplin Die Kostenstruktur passt nicht mehr zu den rückläufigen Erträgen. Überkapazitäten und geringe Auslastungen lassen die Kosten pro Stück steigen. Um schmerzhafte Einschnitte werden die Hersteller wohl nicht herumkommen.
  • Regulatorik: Aus heutiger Sicht werden die hiesigen Autobauer, allen voran Volkswagen, die europäischen CO₂ -Flottenziele verfehlen. Deshalb drohen ab 2025 zu allem Überfluss auch noch milliardenschwere Strafzahlungen.
  • Flatterhafte Förderpolitik: Die E-Auto(nicht-)förderung ist unberechenbar, unübersichtlich, und sie verunsichert die Käufer.

Was jetzt nötig ist. Und was nicht

Robert Habeck hat recht, wenn er sagt, dass die Autobauer zunächst einmal selbst in der Pflicht sind, die zum Teil hausgemachten Probleme zu lösen. Wie das mit seiner Forderung zusammenpasst, von Werksschließungen abzusehen, ist allerdings unklar. Eine Konsolidierung scheint leider unausweichlich. Heute werden in Deutschland fast ein Drittel weniger Autos gebaut als vor zehn Jahren. Schuld daran ist auch die öffentliche Hand. Wäre die E-Autoförderung stetiger und der Ausbau des Ladenetzes besser vorangekommen, wäre der Absatzeinbruch wohl moderater ausgefallen. Teure Abwrackprämien sind keine geeignete Lösung. Über Mitnahmeeffekte begünstigen sie oft ohnehin schon besser gestellte Haushalte.

Der reflexhafte Ruf nach staatlichen Subventionen wird der strukturellen Natur der Herausforderung nicht gerecht. Kreativeres Denken tut not. Eine bessere Lenkungswirkung könnte beispielsweise davon ausgehen, die Mineralölsteuer zu erhöhen (und die überfällige Streichung des Steuerprivilegs für Diesel umzusetzen), und mit dem Mehrerlös endlich die Ladepunkteoffensive anzugehen. Das würde den E-Auto-Absatz anregen. Jetzt ist Einfallsreichtum gefragt: Wenn Sie gute Ideen jenseits altbackener Subventionen haben, schreiben Sie mir!

Diese Publikation richtet sich ausschließlich an Empfänger in der EU, Schweiz und in Liechtenstein. Diese Publikation wird von der LBBW nicht an Personen in den USA vertrieben und die LBBW beab- sichtigt nicht, Personen in den USA anzusprechen. Aufsichtsbehörden der LBBW: Europäische Zentralbank (EZB), Sonnemannstraße 22, 60314 Frankfurt am Main und Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), Graurheindorfer Str. 108, 53117 Bonn / Marie-Curie-Str. 24-28, 60439 Frankfurt. Diese Publikation beruht auf von uns nicht überprüfbaren, allgemein zugänglichen Quellen, die wir für zuverlässig halten, für deren Richtigkeit und Vollständigkeit wir jedoch keine Gewähr übernehmen kön- nen. Sie gibt unsere unverbindliche Auffassung über den Markt und die Produkte zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses wieder, ungeachtet etwaiger Eigenbestände in diesen Produkten. Diese Publika- tion ersetzt nicht die persönliche Beratung. Sie dient nur Informationszwecken und gilt nicht als Angebot oder Aufforderung zum Kauf oder Verkauf. Für weitere zeitnähere Informationen über konkrete Anlage- möglichkeiten und zum Zwecke einer individuellen Anlageberatung wenden Sie sich bitte an Ihren An- lageberater. Wir behalten uns vor, unsere hier geäußerte Meinung jederzeit und ohne Vorankündigung zu ändern. Wir behalten uns des Weiteren vor, ohne weitere Vorankündigung Aktualisierungen die- ser Information nicht vorzunehmen oder völlig einzustellen. Die in dieser Ausarbeitung abgebildeten oder beschriebenen früheren Wertentwicklungen, Simulatio- nen oder Prognosen stellen keinen verlässlichen Indikator für die künftige Wertentwicklung dar. Die Entgegennahme von Research Dienstleistungen durch ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen kann aufsichtsrechtlich als Zuwendung qualifiziert werden. In diesen Fällen geht die LBBW davon aus, dass die Zuwendung dazu bestimmt ist, die Qualität der jeweiligen Dienstleistung für den Kunden des Zuwendungsempfängers zu verbessern.