Kapitalmarktfinanzierungen mit Nachhaltigkeitsbezug – ist der Hype vorbei?

Nach Jahren des Wachstums stagnierte 2023 der Markt für Kapitalmarktfinanzierungen mit Nachhaltigkeitsbezug.

Metallischer Stier und Bär mit abstraktem Hintergrund posiert
Metallischer Stier und Bär mit abstraktem Hintergrund posiert

Kapitalmarktfinanzierungen – kurz erklärt

Der Kapitalmarkt hat eine simple Aufgabe: Er bringt Kapitalsuchende mit Kapitalgebern zusammen. Die LBBW vermittelt zwischen den beiden Seiten. Die LBBW übernimmt die Mittlerrolle, wenn es um Summen geht, die zu groß sind für einen üblichen Kredit – oder wenn über den Kapitalmarkt günstigere Konditionen möglich sind. Sie hat ein erstklassiges Netzwerk an Investoren aufgebaut, weit über die deutschen Grenzen hinaus. Vier Formen der Kapitalmarktfinanzierung sind für Unternehmen besonders attraktiv: der Konsortialkredit mit breiter Syndizierung, Unternehmensanleihen bzw. Corporate Bonds, Schuldscheindarlehen und ABS (Asset Backed Securities) Lösungen.

Entwicklung Schuldscheindarlehen mit Nachhaltigkeitskomponente

Welche Kapitalmarktfinanzierungen mit Nachhaltigkeitsbezug gibt es?

Kapitalmarktfinanzierungen mit Nachhaltigkeitsbezug haben in den letzten Jahren einen regelrechten Hype erfahren. Insbesondere Corporate Bonds und der deutsche Schuldschein werden immer öfter mit Nachhaltigkeitskriterien verknüpft. Bei diesen Sustainable Finance Kapitalmarktfinanzierungen wird eine Nachhaltigkeitskomponente in Form von E (Environmental), S (Social) oder G (Governance) oder ESG-Mischformen implementiert.

Möglich ist dies über die Mittelverwendung also für Finanzierungen mit nachhaltigem Verwendungszweck. Anders bei „Sustainability-linked“ oder „ESG-linked“ Kapitalmarktfinanzierungen, hier erfolgt eine Koppelung an ein Nachhaltigkeitsrating oder unternehmensspezifische Nachhaltigkeitskennzahlen (ESG-KPIs).

Entwicklung ESG-Neuemissionen Corporate Bonds

Wie hat sich der Markt für nachhaltige Kapitalmarktfinanzierungen entwickelt?

Ein Blick auf die Entwicklung des Bondmarktes zeigt nicht nur die gestiegene Bedeutung von Corporate Bonds für die Unternehmensfinanzierung im Allgemeinen, sondern auch den steigenden Anteil von ESG bezogenen Transaktionen im Besonderen. Der Markt für Corporate Bonds ist mit einem Marktvolumen von zuletzt rund 94 Milliarden Euro stark gestiegen. Auch Schuldscheine waren mit rund 31 Milliarden EUR im Jahr 2022 und 23 Milliarden EUR im Jahr 2023 eine gefragte Finanzierungslösung für Unternehmen.

Gleichzeitig stieg der Anteil von Kapitalmarktfinanzierungen mit Nachhaltigkeitsbezug von unter 10 Prozent im Jahr 2019 auf Höchststände von 30 Prozent bei Corporate Bonds und 40 Prozent bei Schuldscheindarlehen.

Während bei Corporate Bonds der Fokus stärker bei Verwendungszweck fokussierten Transaktionen zu sehen ist, überwiegen bei Schuldscheindarlehen die „linked“ Finanzierungen eindeutig. ESG ist in Finanzierungswelt angekommen, es hat aber den Anschein, dass das rasante Wachstum der letzten Jahre vorbei ist.

ESG-Anteil an EUR-Neuemissionen

Ist der Hype vorbei?

„Nachhaltigkeitsaspekte bei Kapitalmarktfinanzierungen gewinnen weiter an Bedeutung“, meint Dominik Buric, Co-Head Debt Capital Markets der LBBW und begründet dies zum einen mit der weiter steigenden Nachfrage nach nachhaltigen Anlagemöglichkeiten auf Investorenseite aber auch mit regulatorischen Entwicklungen bei Banken, Investoren und den Unternehmen selbst. „Wir gehen für 2024 in beiden Märkten von ähnlichen Anteilen bei Sustainable Finance Finanzierungen wie in 2023 und einer Art Plateaubildung aus. Wir nehmen aber wahr, dass ESG insbesondere bei Investoren aus dem Bankensektor eine neue Relevanz bzgl. der Kreditentscheidung erhält.“

Welche Auswirkungen hat die Regulatorik – wie CSRD und die siebte MaRisk-Novelle – auf den Markt für nachhaltige Kapitalmarktfinanzierungen

„Es hat den Anschein, als ob regulatorische Eingriffe stärker wirken als die ursprüngliche Selbstverpflichtung für mehr Nachhaltigkeit“, sagt Buric. Seit dem 1. Januar 2024 ist die siebte MaRisk-Novelle der Bankenaufsicht von Banken zwingend anzuwenden. Sie gibt unter anderem vor, dass ESG-Risiken im Rahmen der Kreditentscheidung zu berücksichtigten sind. „Wir erkennen, dass die Fragen der Banken-Investoren zu Nachhaltigkeitsaspekten auch bei klassischen Transaktionen zunehmen und zusätzliche Informationen bei den Unternehmen im Rahmen der Kreditentscheidung angefragt werden. Dies erweitert die Sichtweise, welche man bereits von Investoren aus dem Bereich Asset Management kennt. Nachhaltigkeit wird als Zukunftsfähigkeit mit längerfristig höherer Stabilität im Geschäftsmodell und erhöhtem Renditepotenzial wahrgenommen“, so Buric weiter.

Aber auch auf Seiten der Unternehmen erhöht die Regulatorik die Relevanz für das Thema. Durch die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) ist der Kreis an Unternehmen, welche einen Nachhaltigkeitsbericht erstellen müssen, deutlich erweitert worden und inhaltliche Standards wurden neu definiert. „Hier befinden sich aktuell viele Unternehmen in einem Entwicklungsprozess, um die neuen Vorgaben zu erfüllen“, berichtet Joachim Müller, Sustainability Advisor bei der LBBW. Das Sustainability Adviory der LBBW berät Unternehmen ganzheitlich zu allen ESG-Finanzierungslösungen.

LBBW unterstützt mit langjährigem ESG-Knowhow

Nachhaltige Finanzierungen gehören zum Kerngeschäft der LBBW und auch das Wachstum bei Kapitalmarktfinanzierungen mit Nachhaltigkeitsbezug hat die LBBW begleitet und vorangetrieben. In den 66 Sustainable Finance Transaktionen seit 2018 und zahlreichen ESG-Beratungsmandaten von mittelständischen bis DAX-Unternehmen spiegelt sich dies wider.

„Wir begleiten Unternehmen in allen Projektphasen. Von der strategischen Vorbereitung zur CSRD-Konformität bis hin zu gezielter KPI-Entwicklung für konkrete Finanzierungsvorhaben“, erläutert Joachim Müller.

Er sieht voraus, dass die ESG-linked Kapitalmarktfinanzierungen noch für eine Übergangsphase – bis zur vollständigen Veröffentlichung der Nachhaltigkeitsberichte ab 2026 durch die Unternehmen – eine wichtige Rolle spielen werden und empfiehlt dabei auf ein geschäftsmodellspezifisches KPI-Set zurückzugreifen anstatt auf ein externes Nachhaltigkeitsrating. „Hier sehen wir einen zunehmenden Trend und eine größere Akzeptanz von Investoren und Kreditinstituten, was sich auch exemplarisch mit 54% KPI-Transaktionen vs. 46% Rating-Transaktionen in den Zahlen des Schuldscheinmarktes für 2023 zeigt“, erläutert Joachim Müller.

Karl-Heinz Bühner, Co-Head Debt Capital Markets der LBBW verweist auf einen weiteren Aspekt bei Kapitalmarktfinanzierungen für Unternehmen: „Investoren erwarten heute – nicht nur in Bezug auf Nachhaltigkeitsaspekte – eine höhere Transparenz der Unternehmen. Investorenpflege durch zusätzliche Informationen in Nachhaltigkeitsberichten und Investorenkonferenz ist gewünscht.“

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Karl-Heinz Bühner, Co-Head of Debt Capital Markets bei der LBBW

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Joachim Müller, LBBW-Mitarbeiter im Sustainability Advisory

Joachim Müller

Corporate Finance Sustainability Advisory

Joachim Müller ist langjähriger Mitarbeiter im Corporate-Finance-Bereich der LBBW, aktuell im Sustainability Advisory. Er berät die Unternehmenskunden der LBBW bei der Verknüpfung von Nachhaltigkeit mit Unternehmensfinanzierungen. Davor war er mehrere Jahre in seiner Tätigkeit als Fachberater für Konsortialfinanzierungen für Nachhaltigkeitselemente verantwortlich.