- 23 Prozent der befragten Unternehmen haben Aktivitäten wegen mangelhafter Zustände in der Energieversorgung ins Ausland verlagert, 38 Prozent erwägen es
- 78 Prozent der Befragten sehen die Energiewende gefährdet
- Banken und private Geldgeber spielen eine wichtige Rolle, die Energiewende und die Herausforderungen der Digitalisierung zu bewältigen
Der mangelhafte Zustand der deutschen Energieinfrastruktur zählt zu den größten unternehmerischen Hemmnissen. Das ist eines der Ergebnisse aus einer Umfrage im Auftrag der LBBW unter mehr als 300 Unternehmen aus der Region zu den Themen „Energiewende und Digitalisierung“. Rund ein Viertel der befragten Firmen hat wegen der Schwächen in der Energieversorgung bereits Kapazitäten ins Ausland verlagert. Weitere 38 Prozent erwägen diesen Schritt. Nur der Fachkräftemangel und das Übermaß an Bürokratie belasten die Unternehmen noch mehr.
Der aktuelle Zustand der Energieinfrastruktur ist laut Studienergebnis auf den vernachlässigten Ausbau in der Vergangenheit zurückzuführen. Nur jedes fünfte Unternehmen spricht sich eindeutig dafür aus, dass die Weiterentwicklung in den Bereichen Strom, Wärme und Brennstoffe der vergangenen zehn Jahre ausreichend war, um den heutigen Anforderungen zu entsprechen. Darüber hinaus bezeichnet ein Großteil der Befragten den Zustand der digitalen Infrastruktur – zum Beispiel die Breitbandverfügbarkeit – als unternehmerisches Hindernis.
„Die größten Herausforderung haben die ansässigen Unternehmen nicht mit dem Wettbewerb, sondern mit den Zuständen zuhause, in ihrem Heimatmarkt Deutschland“, sagt Thorsten Schönenberger, Vorstand für Immobilien und Projektfinanzierung der LBBW. „Bürokratie, Fachkräftemangel und die veraltete Infrastruktur lähmen dieses Land. Unternehmen benötigen jetzt verlässliche Rahmenbedingungen und die nötige Freiheit, um die Energiewende erfolgreich anzugehen. Es liegt an der Politik, die entsprechenden Strukturen zu schaffen, und an Banken wie der LBBW, sie finanziell zu begleiten.“
78 Prozent der Unternehmen sehen Energiewende gefährdet
Stand heute ist nahezu kein Unternehmen energieunabhängig – sie müssen Energie über Drittanbieter beziehen und sind damit abhängig von ihnen. Etwa ein Viertel generiert derzeit selbst Strom und/oder Wärme. Trotz bereits häufig erfolgter Einsparung aufgrund der Gaskrise haben Unternehmen weiterhin ambitionierte Ziele, wenn es um die Reduzierung ihres Energieverbrauchs geht: Im Mittel planen die Befragten für die kommende Dekade Einsparungen um 23 Prozent. Neun von zehn Unternehmen wollen hierfür mittelfristig in die eigene Energieversorgung investieren.
Bei diesen Bestrebungen verlässt man sich nicht auf den Staat. Zwar geben zwei Drittel an, dass die Energiewende eine gute Chance bietet, unabhängiger von Energielieferungen zu werden – 78 Prozent sehen diese Chance jedoch durch aktuelle wirtschaftspolitische Aktionen gefährdet. Im Vordergrund der privatwirtschaftlichen Initiativen stehen dabei die Erhöhung der Energieeffizienz, der Ausbau von Anlagen um ‚eigene‘ erneuerbare Energien zu generieren sowie der Ankauf grüner Energie.
Joachim Erdle, Unternehmenskundenvorstand der LBBW, sagt: „Unsicherheiten in der Planung für Projekte in der Energie- und digitalen Infrastruktur hemmen Investitionsvorhaben in den Wirtschaftsstandort Deutschland. Wir plädieren dafür, überflüssige Bürokratie und Regulatorik zu reduzieren. Es muss ein Rahmen geschaffen werden, in dem Unternehmen mit größerer Flexibilität investieren und ihre Wachstumschancen optimal nutzen können.“ Thorsten Schönenberger ergänzt: „Investitionen in den Infrastrukturausbau sorgen dafür, dass wir in der nachhaltigen Transformation vorankommen. Das wiederum stärkt die Attraktivität des Wirtschaftsstandorts Deutschland und damit die Wettbewerbsfähigkeit des ganzen Landes.“
Banken spielen bei der Finanzierung der Transformation eine große Rolle
Für die Transformation benötigen die Unternehmen viel Geld. 80 Prozent von ihnen müssen ihr Eigen- oder Fremdkapital signifikant aufstocken, um Energiewende und Digitalisierung zu bewältigen. Die Rolle von Banken und anderen privaten Geldgebern wird dabei von 83 Prozent der befragten Unternehmen als wichtig eingestuft. Erdle ergänzt: „Aus Gesprächen mit unseren Kunden kennen wir diese Bedarfe und unterstützen unsere Kundinnen und Kunden dabei, die Energiewende und die Herausforderungen der Digitalisierung zu bewältigen.“ Die LBBW spielt damit eine aktive, gestaltende Rolle bei der nachhaltigen Transformation der deutschen Wirtschaft als wichtiger Partner für die Finanzierung von Infrastrukturprojekten. So unterstützt sie aktiv die Attraktivität des Wirtschaftsstandorts Deutschland.
Um den Einfluss von Energiewende und Digitalisierung auf die unternehmerische Transformation in Deutschland zu bewerten, haben die LBBW und das CFIN – Research Center for Financial Services der Steinbeis-Hochschule eine umfassende Analyse durchgeführt. Teilgenommen haben insgesamt 355 deutsche Unternehmen, davon 314 Firmen unterschiedlichster Branchen und 41 Akteure aus der Energiewirtschaft. Für weitere Erkenntnisse fanden Experteninterviews mit Verantwortlichen des Energiesektors statt.
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Henrike Reichert