- Regulierung und Zentralbanken unterstützen die Tokenisierung traditioneller Vermögenswerte als Kryptowertpapiere
- Der Maschinenraum des Kapitalmarkts befindet sich damit im Umbau. Kryptowertpapiere sind gekommen, um zu bleiben
- Die Zukunft liegt in programmierbaren, digitalen Aktiva, die auf DLT-Plattformen emittiert und gehandelt werden
Die Kryptowährung Bitcoin hat vor rund 15 Jahren die Blockchain-Revolution losgetreten. Inzwischen hat der Trend auch den traditionellen Finanzsektor voll erfasst. Nicht nur sind Kryptowährungen ein fester Bestandteil des Anlageuniversums geworden, sondern auch die Tokenisierung gewinnt an Verbreitung. Darunter versteht man die Emission und Speicherung von traditionellen Aktiva auf programmierbaren Plattformen. Immer mehr Forschungs- und Entwicklungsprojekte von Groß-, Förder- und Zentralbanken auch in Europa befassen sich mit der neuen Technologie. Technische Grundlage ist die Distributed Ledger Technology (DLT), deren prominentestes Beispiel – Blockchain – auch im Finanzkontext das Mittel der Wahl unter den programmierbaren und sicher verschlüsselten Plattformen ist.
Wegweisende Regulierungen befördern diese Entwicklung. Zu nennen sind einerseits das elektronische Wertpapiergesetz (eWpG) in Deutschland, das für Anleihen relevant ist, und andererseits das Zukunftsfinanzierungsgesetz der Bundesregierung, welches als Erweiterung zum eWpG dessen Anwendungsbereich auf Namensaktien ausweitet, um diese ebenfalls in elektronischer Form zu ermöglichen.
Dieser regulatorische Rahmen gibt der Finanzbranche nun klare Richtlinien für die Tokenisierung von Aktiva vor. So erlaubt das eWpG künftig Emittenten die Wahl zwischen der Emission von Anleihen und Namensaktien in herkömmlicher oder in elektronischer Form. Bei letzterer ist auch die Emission mit Hilfe von DLT-Systemen möglich. Das eWpG erlaubt die Ausgabe elektronischer Wertpapiere ohne physische Urkunde. Elektronische Wertpapiere können Zentralregisterwertpapiere (§ 4 Abs. 2 eWpG) oder Kryptowertpapiere (§ 4 Abs. 3 eWpG) sein.
Ein Kryptowertpapier ist ein elektronisches Wertpapier, das in ein Kryptowertpapierregister eingetragen wird. Die Verwahrung dieser Anlageform erfordert keine neue Lizenz, sondern ist durch die Depotbanklizenz abgedeckt, wobei die technischen Risiken gesondert abzubilden sind und die Eignung der Infrastruktur entsprechend nachzuweisen ist. Kryptowertpapiere bringen potenziell geringere Kosten, schnellere Abwicklung, 24/7-Übertragbarkeit, und erhöhte Transparenz mit sich.
Der Kapitalmarkt erfindet sich damit neu – wohlwollend begleitet von den Zentralbanken. So ist es die Vision der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ), dass dem internationalen Finanzsystem in ferner Zukunft ein einheitliches DLT-System zugrunde liegt. In diesem System lässt sich jedes digitalisierte Aktivum kryptographisch sicher abspeichern. Mit Hilfe von sogenannten Smart Contracts – einfachen Computerprogrammen – lassen sich Asset-Transfers nach vorheriger Erfüllung spezifizierter Konditionen automatisiert durchführen. Um diese Vision zu unterstützen, entwickeln die Zentralbanken neue Formen von Zentralbankgeld (CBDC – Central Bank Digital Currency) – und dies nicht nur für die breite Öffentlichkeit (Retail CBDC), sondern insbesondere auch für den Interbankenverkehr (Wholesale CBDC). Mit Hilfe von Wholesale CBDCs für Institutionen mit Zugang zu Zentralbankgeld kann nicht nur die Lieferung (das sogenannte Delivery Leg) des Asset-Transfers bei einer Transaktion auf eine DLT gehoben werden, sondern auch die Gegenleistung in Form einer Zahlung (Payment Leg). Hierdurch ergeben sich ganz neue Möglichkeiten für Transaktionen im grenzüberschreiten den Zahlungsverkehr.
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