05.07.2024

Deutschland braucht mehr Investitionen

Nicht nur die Infrastruktur fällt im internationalen Vergleich zurück.

Deutschlands Straßen zu beobachten. Zumindest in den Städten, in denen Spiele der Fußball-Europameisterschaft stattfinden. Rivalisierende Fans feiern einträchtig miteinander, und die Deutschen präsentieren sich als freundliche und hilfreiche Gastgeber.

Europäische Gäste wundern sich über Deutschland

Unsere Gäste erleben, wie wenig der oder die durchschnittliche Deutsche der im Ausland immer noch gerne transportierten Karikatur des steifen Preußen mit Humordefizit entspricht. Wie schön! Ein weiterer Ruf, der Deutschland anhängt, ist, dass hier die Dinge funktionieren. Und da sind die Erlebnisse der Gäste-fans deutlich weniger schön. Es ist schon ziemlich peinlich, wenn die englischen Fans immer wieder erzählen, wie sie mehr als zwei Stunden in Gelsenkirchen auf öffentliche Transportmittel warteten, um vom Stadion wegzukommen. Oder die allseits beliebten Schotten, die berichten, die Handyverbindungen in den Highlands seien besser als kurz vor der Einfahrt in den Stuttgarter Hauptbahnhof (selbstredend spreche ich nicht von Stuttgart 21, dessen Fertigstellung jüngst nochmals um ein Jahr verschoben wurde).

Wir, die wir tagein, tagaus mit unserer Infrastruktur zu kämpfen haben, wissen natürlich, dass die Reputation von Fortschrittlichkeit und Zuverlässigkeit ein Relikt aus besseren Zeiten ist. Wie die erste Abbildung zeigt, sind nur slowenische Züge noch unpünktlicher. Und als Vielbahnfahrer bin ich anscheinend besonders von Pech betroffen: Denn gefühlt sind deutlich weniger als zwei Drittel meiner Verbindungen pünktlich. Und als pünktlich nehme ich mittlerweile alles unter 15 Minuten Verspätung wahr.

Pünktlichkeit der Langstreckenzüge in 2023

Ländervergleich in Prozent

Quelle: zugfinder.net, LBBW Research

Von nichts kommt nichts: der Investitionsstau

Dass wir im internationalen Vergleich nicht mehr gut mithalten können, überrascht nicht. Daten der EU zeigen, dass die öffentliche Hand in Deutschland seit der Jahrtausendwende durchschnittlich nur 2,3 % des BIP für Investitionen ausgegeben hat. Im Euroraum insgesamt war es fast ein Prozentpunkt mehr, in Frankreich gar zwei Prozentpunkte. Der Abstand zum Euroraum ist in den letzten Jahren geringer geworden. Aber das heißt: Wir fallen weiter zurück, nur fallen wir eben etwas langsamer zurück.

Der Bundesfinanzminister betont, dass sich die öffentlichen Investitionen zuletzt auf „Rekordniveau“ bewegten, und dass das auch für den derzeit zu verhandelnden Haushalt gelten solle. Das ist ein bisschen so, als würde der Tabellenletzte damit angeben, dass es noch nie einen Tabellenletzten gegeben habe, der so wenige Tore kassiert hat. Das ist nicht gut genug. Der riesige Rückstau an Investitionen muss mit einem Kraftakt aufgelöst werden. Das wird viele Jahre in Anspruch nehmen. Die notwendige Trendwende kann ich leider noch nicht erkennen.

Auch die privaten Unternehmen müssen mehr investieren

Ampel-Bashing ist ja mittlerweile Volkssport. Das Infrastrukturproblem besteht jedoch schon viel länger, wie die Daten zeigen. Aber nicht nur die Vorgängerregierungen haben es vernachlässigt, das Land auf dem aktuellen Stand zu halten. Auch viele Unternehmen müssten dringend nachjustieren. Daten der OECD demonstrieren etwa, dass in Deutschland der Anteil der Investitionen in Digitalisierung im internationalen Vergleich sehr niedrig liegt. Es gibt also allseits viel zu tun.

Lassen Sie uns die EM genießen. Und heute Abend die Daumen drücken! Aber danach müssen wir die Ärmel hochkrempeln. Auf der Schwäbischen Alb genauso wie in Berlin.

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