06.12.2024

Rien ne va plus!

In Paris scheitert der überfällige Versuch der Budgetkonsolidierung.

Am Sonntag werden wir Zeuge eines kleinen Wunders: Nur fünf Jahre nach der verheerenden Feuersbrunst wird die Pariser Kathedrale Notre-Dame wiedereröffnet. Präsident Emmanuel Macron hatte direkt nach der Katastrophe den schnellen Wiederaufbau versprochen. Kaum jemand hielt das damals für möglich.

Ein zweites Adventswunder blieb Macron hingegen versagt. Am Mittwoch stürzte wie erwartet die erst drei Monate alte Minderheitsregierung von Michel Barnier, durch einen Misstrauensantrag der Linksfraktion, dem sich Marine Le Pens rechtsnationaler Rassemblement National (RN) anschloss.

Frankreichs desolate Staatsfinanzen

Anlass war der Versuch der Minderheitsregierung, die aus dem Ruder laufenden Staatsfinanzen zu konsolidieren. In Frankreich belaufen sich die öffentlichen Ausgaben inklusive Sozialversicherungen aktuell auf 57 % des BIP, so hoch wie nirgends sonst in der entwickelten Welt (in Deutschland: 48 %), und das gesamtstaatliche Defizit erreicht geschätzt 6 % des BIP (Deutschland inklusive Sondervermögen 2 %). Der IWF prognostiziert, dass die Schuldenquote der Grande Nation bis 2029 auf 124 % klettern wird. Die Dringlichkeit einer Fiskalreform ist offenkundig. Doch Frankreich ist politisch tief gespalten. Jenseits des Rheins gibt es nicht nur eine starke extreme Rechtspartei, sondern auch eine extreme Linksbewegung. Gemeinsam haben das Linksbündnis und Le Pen die Mehrheit im Parlament. Wer Latein gelernt und Cäsars Gallischen Krieg gelesen hat, wird ein Déjà-vu haben: Ganz Gallien ist in drei Teile geteilt!

Die Regierung ist gefallen. Es gibt keinen Haushalt für das in nur 25 Tagen beginnende neue Jahr. In einer solchen Situation wird automatisch das Budget des Vorjahres fortgeschrieben. Ohne Sparmaßnahmen. Neuwahlen sind fürs erste ausgeschlossen. Nach der Verfassung kann der Präsident nur einmal im Jahr das Parlament auflösen. Und im Juni, nach dem Europawahlschock, setzte Macron mit Neuwahlen alles auf eine Karte – und verlor.

Was nun?

Macron wird vermutlich versuchen, Zeit zu gewinnen, und eine Expertenregierung ohne politisches Programm einsetzen, die aber effektiv handlungsunfähig wäre. Die links-rechts-Opposition könnte den Druck im Kessel erhöhen und eine neue Regierung wieder mit einem Misstrauensantrag stürzen. Und so weiter und so fort. Denn was die Opposition wirklich will, ist Macrons Rücktritt und alsbaldige Präsidentschaftswahlen, die eigentlich erst 2027 anstünden. Würde heute gewählt, würde Le Pen klar gewinnen. Und damit hat sie es eilig. Mitte November hat die Staatsanwaltschaft in einem Prozess wegen Veruntreuung von EU-Geldern ihre Unwählbarkeit für fünf Jahre verlangt. Das Urteil wird für Ende März erwartet. Die RN-Chefin braucht schnellstmöglich Präsidentschaftswahlen.

Investoren zeigen erste Zeichen von Nervosität

Die EU-Kommission wird besorgt den Zeigefinger heben: Stabilitätspakt und so. Aber zubeißen wird der zahnlose Tiger wohl nicht. Der frühere Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker erklärte 2016 lakonisch, weshalb trotz seriellem Verstoß gegen die Maastricht-Regeln keine Sanktionen gegen Paris verhängt würden: „Because it is France!“. Auch die Ratingagenturen scheinen milde gestimmt: Letzte Woche bestätigte S&P das AA-Rating mit stabilem (!) Ausblick. Ça alors! Die Investoren werden trotzdem zunehmend nervös. Der Risikoaufschlag für französische Staatsanleihen hat diese Woche kurz den für griechische Bonds überholt. Eine Euroschuldenkrise steht nicht unmittelbar bevor. Aber wenn dem fiskalischen Schlendrian in Paris (und auch in Rom) nicht bald Einhalt geboten wird, kommt der Tag der Abrechnung wohl noch in diesem Jahrzehnt.

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