Diese Woche durfte ich wieder an der traditionellen Kapitalmarkt-und Investmentkonferenz (KapInKon) der LBBW in Frankfurt teilnehmen. Wir haben spannende Diskussionen erlebt
rund um Geopolitik und die US-Wahlen mit hochkarätigen Gästen wie dem früheren Vizekanzler Sigmar Gabriel und dem österreichischen Militärhistoriker Oberst Dr. Markus Reisner.
Kann die Energiewende gelingen?
Unter diesem Titel habe ich mit Arina Freitag, CFO des Netzbetreibers TenneT, die Perspektiven für die energetische Transformation in Deutschland diskutiert. Und ich habe gelernt: Fast zwei Drittel des Publikums betrachten die Energiewende als Chance für den Standort Deutschland und nicht primär als Risiko.
Damit diese Einschätzung und die damit einhergehenden Hoffnungen auch in Erfüllung gehen, bedarf es aber noch erheblicher Anstrengungen. Zu lange hat Deutschland sich der schönen Illusion eines „grünen Wirtschaftswunders“ hingegeben, bei dem wir quasi ohne Mühen in eine neue, goldene (oder vielmehr: grüne) Ära gleiten. Wir wissen heute, dass das von Beginn an naiv war. Die Transformation ist kapitalintensiv und erfordert erhebliche Investitionen in die Infrastruktur, nicht zuletzt auch in leistungsfähigere Netze und Speicher, die erneuerbare Energien dann und dort verfügbar machen, wann und wo sie benötigt werden. Der Vorteil geringerer Energiekosten folgt erst danach.
Die Rechnung, bitte!
Die deutsche Energiestrategie sieht vor, dass bis 2030 80 % des Stroms aus erneuerbaren Quellen stammen sollen. Derzeit liegen wir bei etwa 57 %. Berücksichtigt man, dass der Stromverbrauch durch Verbreitung von E-Mobilität, Wärmepumpen & Co. zügig ansteigen wird, bräuchte es bis 2030 eine Verdopplung der Kapazitäten grüner Stromerzeugung. Das gibt es nicht zum Nulltarif. Die Ziele hat die Regierung Merkel 2021 ins EEG geschrieben, weil das Bundesverfassungsgericht entschieden hatte, dass das Grundgesetz die Klimaneutralität fordert, um die Rechte künftiger Generationen zu wahren. Zudem bekennt sich Deutschland zum Pariser Klimaschutzabkommen.
Um die Ziele der Energiewende zu erreichen, sind nach einer Studie von BDEW und EY bis 2030 Investitionen von 721 Milliarden EUR nötig. Etwa die Hälfte davon entfällt auf den Ausbau der Stromerzeugung. Umgerechnet entspräche die erforderliche Summe bis 2030 jährlich 2,5 % bis 3 % des BIP.
Wer soll das bezahlen?
Die Summe ist erheblich, aber leistbar, zumal Milliardenausgaben für fossile Brennstoffe sukzessive wegfallen und auch für ein Weiter-so erhebliche Kosten entstünden. Der größte Teil der Ausgaben wird auf private Investoren entfallen. Die benötigen vor allem Planungssicherheit und schlanke Genehmigungsprozesse. Da ist noch Luft nach oben! Einen Teil der Investitionen wird aber auch die öffentliche Hand tragen müssen. Die Frage, die sich stellt, ist, ob wir diese Kosten der derzeitigen Generation aufbürden, die den Klimawandel ja maßgeblich verursacht hat. Das würde eine Stärkung der staatlichen Einnahmen, vulgo Steuererhöhungen, bedeuten. Oder wir lasten den Aufwand zukünftigen Generationen auf, die eines Tages in den Genuss günstiger grüner Energie kommen werden. Dann müsste man die Schuldenbremse lockern.
Ein Weder-Noch ist unehrlich. Persönlich stimme ich dem KapIn-Kon-Publikum zu: Treibt Deutschland die energetische Transformation voran, wird das den Wirtschaftsstandort stärken. Aber eben nicht über Nacht. Vor den Erfolg haben die Transformationsgötter den Schweiß gesetzt!
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